Knapp über dem Eis: Ryom Tae-ok.

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Kim Ju-sik und Ryom Tae-ok waren die einzige, winzige nordkoreanische Medaillenhoffnung.

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Mister James, diesmal für das Kurzprogramm der Eiskunstlaufpaare eingeteilt, spricht leise, aber bestimmt. Er stammt aus Kanada, lebt aber in London und hat auch das Auftreten eines Butlers aus dem Reform Club. Der Mixed-Zone-Supervisor in der Gangneung Ice Arena ist aufgeregte Menschen gewöhnt. Schließlich hat er dem Eiskunstlauf schon überall auf der Welt gedient – zwischen Calgary und Oberstdorf, Saitama und Moskau.

Schnauzer zuckt

Mister James kanalisiert Begehrlichkeiten höflich, aber bestimmt. "Ich fürchte, dieser Bereich ist für Agenturen reserviert" und "Ladys und Gentlemen, Sie wissen, es kann sehr, sehr lange dauern", sagt er am Mittwochvormittag auf die vorwitzig aus der falschen Ecke gestellte Frage. Wann ist mit dem nordkoreanischen Paar jetzt zu rechnen? Werden sie überhaupt Fragen beantworten? James' mächtiger Schnauzer zuckt leicht. Woher bitte, soll er das wissen? In Oberstdorf haben sie, ein andermal wieder nicht.

Vor einem Fernseher ballt sich die Neugier dutzender Südkoreaner. Es sieht aus, als würde das Gerät interviewt, es wird aber nur gehorcht. Wird der Mann mit dem Nordwandgesicht und dem mitternachtsblauen Mantel mit Bärenfellkragen wenigstens Wortspenden an die Reporterin der Olympic Broadcasting Services (OBS) zulassen? Muss er das, Mister James? "Muss er nicht. Er muss gar nichts, sie müssen nicht antworten. Sie müssen nur durch die Mixed Zone gehen, aber sie müssen nicht einmal stehen bleiben" , klärt Mister James auf, und: "Entschuldigen Sie, Ladys und Gentlemen, diese Absperrung sollte wirklich stehen bleiben."

Kim humpelt

Ryom Tae-ok geht, ihr Partner Kim Ju-sik humpelt vorbei, der Aufpasser mit den Sonnenbrillen drängt zur Tempoverschärfung. Die Fragen an das gar nicht üble nordkoreanische Paar, das sich zu A Day in the Live in Jeff-Beck-Version als elftes für die Kür qualifizierte, bleiben im schlauchartigen Raum hängen. "Wir haben die Energie der Südkoreaner gespürt", hatte der humpelnde Kim OBS noch wissen lassen.

Draußen vor der Halle trippelt die "Armee der Schönheit" in Zweierreihe Richtung Autobusflotte – streng abgeschirmt, kein Reporter wagt etwas. 156 Cheerleader von Diktator Kim Jong-un waren für den vormittäglichen Eiskunstlauf eingeteilt und ziehen weiter zur zweiten Niederlage der vereinigten koreanischen Eishockeyfrauen (1:4 gegen Japan). Der bedauernswerte Rest bejubelte wie ihm geheißen oben auf dem Berg in Yongpyong die windbedingte Absage des Damenslaloms. Dieses halbe Hundert muss in den vergangenen Tagen, seitdem die Armee den Süden beglückt, irgendetwas verbrochen haben. Freiwillig gehen nur wenige Koreaner zum Skilauf, ob jetzt aus dem Norden oder dem Süden.

Kiefer bedauert

Die Eiskunstlauf- und Shorttrack-Halle war dagegen für die Eintrittspreise (zwischen umgerechnet 112 Euro und 412 Euro) und den günstigen Mittwochvormittagstermin gar nicht schlecht gefüllt – günstig für den US-TV-Markt halt. Für Miriam Ziegler und Severin Kiefer war er eher nicht günstig: "Trainieren um 6.45 Uhr ist gewöhnungsbedürftig", sagte die Burgenländerin Ziegler. Ihr Salzburger Partner und Lebensgefährte war im sonst tadellos gelungenen Kurzprogramm zum Proclaimers-Heuler I'm Gonna Be (500 Miles) in der Musical-Version beim dreifachen Toeloop gestürzt – eine Rille im Eis kostete ihn das Gleichgewicht. "Normal ist der Sprung zu 90 Prozent sicher", sagte Kiefer. Weder die Rille noch die frühe Stunde waren Ausreden fürs Verpassen der großen Kür als 20. von insgesamt 22 Paaren.

Begeisterung kostet

Wenn die letzten 16 dran sind, wird die Halle mit ihren 12.000 Plätzen wieder ziemlich voll sein, auch wenn dann um den Bettel von 112 Euro nur noch Einheimische unters Dach gepfercht werden und sonst unter 300 Euro gar nichts mehr geht.

Viel Liebe zum Sport ist da unbedingt Voraussetzung, und diese Liebe schlägt bei den Spielen von Pyeongchang nicht nur am Valentinstag und eben nicht auf Pisten, Loipen oder Schanzen, sondern nur auf dem Eis Wellen – "la ola", wenn man so will. (Sigi Lützow aus Pyeongchang, 14.2.2018)