Manchmal zerreisst es einen Guru: Am 16. Februar trat Josip Grabovac aka Braco mit seinem "gebenden Blick" im Schweizer Städtchen Zug auf, gleichzeitig gönnen sich seine Anhänger in Zagreb eine "Begegnung" mit seiner "gebenden Stimme". Aber Braco bekommt das unter einen Hut. Während er in der Schweiz seinen "heilenden Blick" live durch Auditorum schweifen lies, erquickten sich die Fans im Braco-Zentrum in Zagreb gemeinsam und etwas unromantisch an einer Stimme aus der Dose.
Braco macht sich seit fast zwei Jahrzehnten mit dramaturgisch simplen Auftritten einen Namen. Die Werbeweisheit KISS – keep it simple and stupid – definiert Braco neu: Er "keeps it stupid and simply smiles". Ein Bericht von "Spiegel TV" bringt es amüsant auf den Punkt:
Braco – Guru mit Charisma
Die Zusammenfassung für Eilige: Braco stellt sich auf eine Bühne, schweigt und schaut, während seine Gäste auf die Bühne schauen und schweigen. Die Fans haben zuvor einen kleinen Obulus geleistet. Die Begegnungen mit dem "doofgeilen", pardon: dem "gebenden Blick", gibt es für einen Energieausgleich im Preis etwa einer Kinokarte aufwärts. Der Film mit Braco ist allerdings nach ein paar Minuten vorüber. Dann verlässt der Hauptdarsteller die Bühne und den Saal und lässt ergriffene Seelen zurück. Laut Bracos Webseite berichten die Besucher "von dem Gefühl des Ganzseins, der Selbsterkenntnis und größerer innerer Sicherheit. Manche Besucher sprechen von warmen Gefühlen und körperlichen Empfindungen während einer Begegnung mit Braco's Blick: tiefer innerer Friede, ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit und ein Bewusstsein von Ruhe, Glück und Liebe."
Das Geschäft mit den "Begegnungen" brummt
Wir vermuten: Während die Kundschaft noch die warmen Schauer der "Begegnung" genießt, sitzt Braco längst in der Garderobe und reißt sich zur Belohnung für die Anstrengung eine Dose Karlovacko-Bier auf und feixt am Telefon mit seinem Steuerberater. Denn Braco ist ein Star im Heilerbusiness und das Business brummt. Die Zeitung "Welt" schätzt, dass sich bis zu 250.000 Menschen im Jahr die "Begegnungen" mit dem Antlitz oder dem Timbre Bracos geben. Kaum eine Esoterikmesse oder pseudomedizinisches Event, das nicht einen Zeitslot für einen Braco-Blick reservierte.
Berührungsängste mit ausgemachten Scharlatanen kennt Braco nicht. Am 3. März wird Braco in Berlin beim mehr als umstrittenen "Spirit of Health Kongress" auftreten. Hinter der Veranstaltung, bei der sich neurechte Verschwörungstheoretiker, Impfgegner und Vermarkter von abstrusen Wunderheilmitteln die Klinke in die Hand geben, steht der US-Amerikaner Jim Humble. Er ist Autor, Kirchengründer und Mann hinter dem "Heilmittel MMS" ("Miracle Mineral Supplement"). MMS ist nichts anderes als Chlorbleiche, die Gesundheitsbehörden warnen eindringlich davor.
Jedenfalls: Auf den Tourneeplan Bracos wären Helene Fischer und Co neidisch. Bücher, CDs und DVDs mit und über Braco sorgen in Sachen Merchandising für eine recht runde Sache. Exklusiv bei den Events mit dem "gebenden Blick" gibt es eine Braco-Sonne zu erwerben, aus Gold, 14 Karat, handgefertigt: "Sie wird denjenigen auf diese besondere Weise angeboten, die eine besondere Verbindung dazu spüren."
Heiler bin ich zwar keiner, aber …
Braco weist pflichtschuldig darauf hin, dass die Begegnungen "kein Ersatz für medizinische bzw. ärztliche Hilfe oder Therapien sind.[...] Braco stellt keine Diagnosen und führt keine Behandlungen durch." Die Referenzen auf seiner Webseite kommen indes ohne falsche Bescheidenheit in Sachen Heilerfolg daher: Frau Zorica S. erzählt, dass sie in der Schwangerschaft mit einem Tumor am Hals ihres Ungeborenen konfrontiert war – mit keinerlei Aussicht auf ein "normales Kind". Die Ärzte rieten zu einer Abtreibung, doch Frau S. lauschte Bracos Stimme und die Dinge nahmen ihren Lauf: "Was als nächstes geschah war nichts anderes als ein Wunder! Der nächste Ultraschall zeigte, dass das Baby vollkommen normal war, es gab keinerlei Spuren von irgendeinem Tumor. Heute bin ich die Mutter von diesem wundervollen aufgeweckten Jungen und ich danke Braco, denn wenn es keinen Braco gäbe, gäbe es auch meinen Sohn nicht."
Wenn es um Wunder geht: Das Markus-Evangelium stinkt ab
Stolz wird ein Video von Fans angeführt, in der kein Hehl aus Bracos Gabe gemacht wird: "Dieser Mann kann sie mit seinem Blick heilen." Dutzende Testimonials aus aller Welt berichten von Wundern, gegen die das Markus-Evangelium abzustinken droht. Der kleine Jako aus Slowenien, dem Ärzte bei der Geburt ein irreparable Taubheit attestiert hatten, hat nun ein perfekt funktionierendes Gehör. Cheryl H. aus den USA braucht "keine Brille mehr zum Lesen. Keine Kopfschmerzen oder Übelkeit mehr. Danke Braco". Weniger spektakulär, ber dennoch erwähnenswert sind die Auswirkungen auf Mariella S. aus Österreich: "Seitdem meine Familie zu Braco kommt wurde ich in der Schule besser, ich mag die Schule jetzt lieber :) Alles ist einfacher. Vor den Schulaufgaben höre ich mir Braco's Stimme auf meinem iPod an". Auch bei Suzana L. aus Italien ging es nicht um Leib und Leben, sie "will nur Danke sagen. Mit seiner Hilfe habe ich innerhalb nur eines Monats einen neuen Job, eine Wohnung […] erhalten". Dann geht es wieder ans Eingemachte: Šejla O. aus Deutschland hatte als 26-Jährige "nur noch drei bis sechs Monate zu leben", ehe Braco und dessen Gaben in ihr Leben traten und Tod und Teufel offenkundig Reißaus nehmen ließen.
Ein halbherziger Disclaimer
Das offensichtliche Kokettieren mit unerklärlichen Heilungen und Wundern lässt den Disclaimer, kein Heiler zu sein, etwas halbherzig erscheinen. Die Fama von Bracos Wundertaten wabern durch Foren, Erfahrungsberichte und die Medien. Die Berichte lassen Kranke hoffen, Realisten mit offenem Mund zurück und machen aus Braco einen gemachten Mann. Eine Reporterin der deutschen "Welt" wird in einer Reportage deutlich und vermerkt recht unromantisch: "Kroatische Zeitungen berichten, dass Braco längst Millionär ist, seinen Firmensitz auf Hawaii angemeldet hat und Medien bestochen haben soll, damit sie positiv über ihn berichten".
Ein Bewunderer: der "Professor" für Parapsychologie
Kein Wunder ist jedenfalls das: Ernsthafte wissenschaftliche Meinungen zu Braco finden sich nirgendwo. Bracos wissenschaftliche Referenz Nummer eins ist "Professor" Alexander Schneider. Sein Titel stammt von der Schweizer Gesellschaft für Parapsychologie. Auf der eher dürftigen Publikationsliste des "Professors" findet sich ein euphemistisches Buch über Bracos Wirken – "Braco – Die faszinierende Welt von Mythos und Wissenschaft". Auf Seite 29 fasst er seine Bewunderung recht schön zusammen: "Der heilende Vorgang ist damit bei Braco von gänzlich ungewöhnlicher Art, und wenn alle Umstände zusammenpassen, viel effektiver und dauerhafter als viele andere Therapien, sogar das uns bekannte Geistheilen. Da sind Vorgänge im Spiel, die den Menschen des vergangenen Jahrhunderts fremd waren, heute aber dank der von verschiedensten Lehrern erarbeiteten Gedanken, nicht zuletzt in der modernen Physik, ein gewisses Verständnis finden".
Wo unser Guru guckt, ist nicht nur die Heilung von Kranken in trockenen Tüchern. Bracos Blick hält gar Banden und Banditen in Schach: Just an jenem Tag im November 2012, an dem Braco in New York wirkte, soll in der Stadt kein einziges Gewaltverbrechen geschehen sein. (Christian Kreil, 20.2.2018)
Die Bewertung der Stiftung Gurutest:
- Esoterikfaktor: ★★★★☆
- Pseudomedizinfaktor: ★★★★★
- Verschwörerfaktor: ★★★☆☆
- Rechtsaußenfaktor: ☆☆☆☆☆
- Marketinggeniefaktor: ★★★★☆
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