Patienten können über die Plattform ihre eigenen anonymisierten Daten veräußern.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien – Gesundheitsdaten und der Umgang mit ihnen sind sensible Themen. Das Korneuburger Start-up Grapevine World entwickelt derzeit eine Plattform, mit deren Hilfe Patienten ihre Daten einsehen, aber auch mit ihnen handeln können. Mehr Eigenverantwortung sei das Ziel.

"Das System normiert Gesundheitsdaten aus verschiedenen Quellen und gibt Patienten einen geordneten Überblick. Dazu nutzen wir den IHE-Standard, der weltweit bei mehr als 200 medizinischen IT-Produkten zum Einsatz kommt", sagt Martin Tiani, Eigentümer des 2017 gegründeten Unternehmens. Als Patient verschiedener Einrichtungen sei es nicht einfach, einen Überblick zu bekommen, meint er.

Das eigentliche Geschäftsmodell der Plattform stützt sich allerdings auf zwei andere Säulen: den Verkauf von Daten und die Einholung von Zweitmeinungen.

Anonymisierten Daten veräußern

Ohne großen Aufwand können Patienten ihre eigenen anonymisierten Daten veräußern. Beispiel: Eine Pharmafirma sucht für eine Studie Diabetiker des Typs 2. Über Grapevine bekommen entsprechende Patienten eine Anfrage aufs Smartphone, einen Knopfdruck später kann die interessierte Firma oder Forschungseinrichtung die Daten verwenden. Oder eben nicht. Vergütet werden die Daten in Form sogenannter Grapes. Das sind Gutscheine, die wiederum für medizinische Produkte oder Leistungen eingesetzt werden können.

"Im medizinischen Bereich sind Zweitmeinungen sehr gefragt. Mit Grapevine können User einen Befund aktiv freigeben, an ein internationales Expertennetzwerk schicken und eine Zweitmeinung einholen", sagt der Gründer. Die Bezahlung erfolgt ebenfalls mit besagten Grapes.

"Erweiterung von Elga"

Tiani ist kein Unbekannter im Gesundheitswesen. Mit seiner Softwarefirma Tiani Spirit hat er die elektronische Gesundheitsakte (Elga) mitentwickelt. Elga hilft Krankenhäusern und Ärzten, Patientendaten auszutauschen. Grapevine sei eine Erweiterung von Elga um zusätzliche Services auf internationaler Ebene. User könnten auch eigene Daten, beispielsweise aus Fitnesstrackern, hinzufügen.

Die Elga-Entwicklung hat der Bund gezahlt, bei Grapevine soll es ein sogenanntes Initial Coin Offering geben. Investoren erhalten dabei keine Unternehmensanteile, sondern Einheiten einer neu geschaffenen Kryptowährung, in diesem Fall Grapes. Bezahlungen erfolgen ausschließlich mit dieser Währung.

Das System basiert zwar auf der Ethereum-Blockchain, einer dezentralen und vernetzenden Infrastruktur, doch die Gesundheitsdaten selbst werden nicht auf ihr gespeichert. "Die Daten bleiben physisch an ihrem Herkunftsort, Grapevine ermöglicht nur den Zugang", sagt Marketingleiter Walter Schleschitz. Die Blockchain werde nur für die Verrechnung und Verteilung der Grapes verwendet. Gesundheitsdaten oder Freigaben laufen nicht über die Blockchain. Man agiere als Vermittler und nutze bestehende Infrastruktur, um unterschiedlichen Providern den Datenzugang zu erleichtern. (Andreas Danzer, 15.2.2018)