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Ein Mann stellt sich bei der Essensausgabe einer sozialen Einrichtung an.

Foto: Reuters/WOLFGANG RATTAY

Mehr Migration: Ist mehr globale Gleichheit der Feind der nationalen Gleichheit? Der Ökonom Dani Rodrik hält diese Frage für eine der wichtigsten, mit denen wir konfrontiert sind. Die Öffnung Chinas, ein "trade shock", habe die Ungleichheit in manchen reichen Ländern verstärkt. Laut Rodrik würde eine liberalere Migrationspolitik die globale Ungleichheit stärker senken als mehr Freihandel. Aber die ärmeren Schichten in reichen Ländern kämen dadurch unter Druck. Befristete Visa für Fachkräfte seien aber ein guter Kompromiss, der keinen kosmopolitischen Konsens in der Wählerschaft voraussetzt. Solche Programme würden Sozialdumping und der Auslagerung von Produktion entgegenwirken.

Mehr Markt: Vom ungehinderten Warentausch profitieren beide Seiten. Das ist eine der Grundannahmen der Ökonomie und für Vordenker wie Adam Smith und David Ricardo seit jeher Leitmotiv für eine liberale Politik. Auch die Ungleichheit ließe sich so reduzieren, so das Argument. Und zwar dann, wenn Profite zu Unrecht abgeschöpft werden, etwa weil der Staat seine schützende Hand über einen Monopolisten hält, der sich folglich überproportional bereichert. Liberale Ökonomen wie Milton Friedman befürworteten auch ein Grundeinkommen. Aus dem einfachen Grund, dass damit die Chancengleichheit auf dem Markt für alle gleichermaßen gesichert ist.

Hoch die Steuern: Es war eine Sensation: Bei seiner jüngsten Jahrestagung hat sich der Internationale Währungsfonds (IWF), eigentlich ein Hort ultraliberaler Ökonomen, intensiv mit Verteilungsfragen beschäftigt. Tenor: Steuern wurden in den vergangenen Jahrzehnten zu stark gesenkt. Die Spitzensteuersätze bei Personeneinkommen in Industrieländern liegen bei 35 Prozent. Der Währungsfonds nennt 44 Prozent als guten Richtwert. Und er warnt, dass Vermögen und Kapitaltransfers zu niedrig besteuert sind. Wo es sie nicht gibt, sollten Länder erwägen, Erbschaftssteuern einzuführen.

Stärkt Regionen: Der Globalisierungsschock und der technische Wandel in der Industrie treffen in der Regel Menschen, die voll im Arbeitsleben stehen, argumentiert der deutsche Ökonom Jens Südekum. Diese Leute wollen nicht bloß Schecks nach einem Arbeitsplatzverlust, sie wollen Perspektiven. Südekum plädiert daher dafür, auf aktive Arbeitsmarktpolitik zu setzen. Regionen, aus denen Industrie abwandert und die verarmen, sollten viel stärker mit Förderungen bedacht werden. Solche Assistenzprogramme gibt es in den USA und in der EU. Die Volumina seien aber angesichts der Probleme "lächerlich gering", so Südekum.

Apokalypse: In seinem jüngsten Werk "The Great Leveller" beschreibt der österreichische Historiker Walter Scheidel vier Faktoren, die große soziale Ungleichheit ausgeglichen haben: Pandemien, totales Staatsversagen, Revolutionen und Krieg. Einzig massive gesellschaftliche Zerstörung habe in der Vergangenheit alle gleicher gemacht. Die heutige Ungleichheit und unser Wohlstand basierten auf langjährigem Frieden. Aber Scheidel weist auch darauf hin, dass etwa ein ausgleichender Sozialstaat historisch aus den Trümmern des Krieges entstand. (szi, slp, 15.2.2018)