Die nunmehrige Regierungspartei FPÖ schießt sich seit langem bereits auf ORF-Redakteure und -Moderatoren ein. In diesen Tagen jedoch erreichen ihre Attacken einen neuen Höhepunkt. Ziel der Angriffe ist wieder einmal Armin Wolf. Er gehört zu jenen ORF-Journalisten, die penibel vorbereitet und journalistisch vorbildlich kritische Interviews führen. Konstruktive Kritik an ihm und anderen ORF-Angehörigen ist legitim und manchmal auch berechtigt. Die nun geübte Praxis aber, den ORF insgesamt abzuqualifizieren, ist höchst bedenklich. Bei manchen, nicht zuletzt bei besonders kompetenten ORF-Journalisten geht mittlerweile die Angst um. Auch bei mir als dem längstgedienten ORF-Redakteur und -Moderator in ORF-Informationsabteilungen verstärkt sich der Eindruck: Der Druck auf den ORF wächst so stark wie noch nie. Unabhängiger und kritischer Journalismus gerät zunehmend in Gefahr. Bei Gesprächen mit Journalistenkollegen höre ich immer wieder die bange Frage: Droht unserem Land die Orbánisierung?

Aus der Kanzlerpartei ÖVP ist bisher vornehmlich "dröhnendes Schweigen" (Hans Rauscher) zu vernehmen. Auch wenn Kanzler Kurz seinen ungezügelten kleinen Koalitionspartner sanft zu sachlicher Debatte mahnt. Die offensichtlich geplante systematische Schwächung des ORF lässt die Alarmglocken schrillen. Trotz aller Fehlleistungen, die passieren können, darf der Wert des Öffentlich-Rechtlichen nicht pauschal in Misskredit gebracht werden.

Einen Vorgeschmack auf die Entwicklung im und für den ORF liefert die bisher beispiellose FPÖ-Einfärbung der Führung der ÖBB. Die Züge der Bundesbahnen rollen dessen ungeachtet weiter. Demokratiepolitisch weit sensibler ist jedoch der parteipolitisch einseitig rechte Zugriff auf den ORF.

Selbstverständlich ist nicht zu leugnen, dass es im ORF auch bisher parteipolitisch motivierte (rot-schwarze) Postenbesetzungen gegeben hat. Nur wäre eine vollständige Kaperung des ORF durch Schwarz-Blau auch ideologisch von neuer Qualität. Diese könnte die ORF-Berichterstattung aus der politischen Mitte heraus an den Rand katapultieren. Dabei kommt dem ORF gerade im Umfeld einer bedenklich hohen Konzentration an Boulevardmedien, die vielfach rechtspopulistisch infiziert sind, eine wichtige Rolle zu. Gemeinsam mit den unverzichtbaren Qualitätsmedien im Printbereich. (Udo Bachmair, 15.2.2018)