Wien – Von einem "Allzeithoch" bei den dem Forum gegen Anti semitismus gemeldeten Vorfällen sprach am Donnerstag der Präsident der Israelitischen Kultus gemeinde, Oskar Deutsch. Anlass war die Vorstellung des Antisemitismusberichts 2017, laut dem in diesem Jahr 503 Zwischenfälle registriert wurden; 2016 waren es 477 Zwischenfälle gewesen: ein Plus von rund fünf Prozent.

Seit 2014 (255 gemeldete Zwischenfälle) hingegen hat sich die Zahl der Meldungen verdoppelt. Auch, so Deutsch, sei auf der Täterseite eine zunehmende "Enthemmung" zu bemerken. "Simon Wiesenthal (ein 2005 verstorbener Holocaust-Überlebender, der sich bemühte, NS-Täter vor die Straf behörden zu bringen, Anm.) erhielt briefliche Drohungen ohne Absender. Heute nennen solche Brief- oder Mailschreiber ganz unverblümt ihre Namen", sagte Deutsch. Derzeit finde in Österreich eine "sehr negative Entwicklung" statt, die gesamte Gesellschaft sei ge fordert, um die Normalisierung antisemitischer Äußerungen, die "derzeit allwöchentlich von Funktionären der FPÖ" kämen, sowie anderer Rassismen zu verhindern.

Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, spricht über die gestiegene Zahl von antisemitischen Übergriffen und mögliche Hintergründe.
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Ins Detail ging Amber Weinber aus dem Forums-Vorstand. Ein beachtenswertes Plus im Vergleich zu 2016 (153 Meldungen) gebe es 2017 (171 Meldungen) bei Anti semitismus im Internet und in den sozialen Medien – sprich: in Postings. Die Zahl gemeldeter tätlicher Übergriffe sei hingegen von sieben auf fünf zurückgegangen. In allen Bereichen jedoch sei von einer "großen Dunkelziffer" auszugehen. So habe sich ein orthodoxer Jude 2017 mit der Frage "Ab wann darf ich etwas melden?" an sie gewandt. Ein Auto hatte neben ihm geparkt, der Fahrer stieg aus, beschimpfte ihn als "Scheißjude" – um rasch in einem Supermarkt zu verschwinden.

Das 2000 gegründete Forum wird unter anderem vom Innenministerium, vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) und vom Verein Zivilcourage und Antirassismusarbeit (Zara) unterstützt. (bri, 15.2.2018)