Greenbelt/Wien – Als Voyager 2 Ende der 1980er-Jahre als erste und bisher einzige Raumsonde den äußersten bekannten Planeten unseres Sonnensystems besuchte, erspähte sie in der südlichen Hemisphäre des Neptuns einen riesigen dunklen Fleck. Es stellte sich heraus: Ähnlich wie auf dem Jupiter toben auch auf Neptun gigantische Sturmsysteme, die antizyklonal rotieren. In Analogie zum "großen Roten Fleck" auf Jupiter nannte man das Phänomen auf Neptun den "großen dunklen Fleck".

Der "große dunkle Fleck" auf einer Aufnahme von Voyager 2 aus dem Jahr 1989. Als Hubble 1994 danach suchte, existierte der Wirbelsturm nicht mehr.
Foto: Nasa/Hubble

Doch während der gigantische Wirbelsturm auf Jupiter schon seit Jahrhunderten existiert, fand das Hubble-Weltraumteleskop schon wenige Jahre nach der Entdeckung durch Voyager 2 keine Spur mehr vom "großen dunklen Fleck" auf Neptun. Stattdessen tauchte aber ein anderer riesiger Wirbelsturm auf, diesmal in der nördlichen Hemisphäre. Doch auch dieses System war aus bisher ungeklärten Gründen wenige Jahre später nicht mehr zu sehen, seither wurden noch drei weitere Male solche dunklen Flecken auf Neptun gesichtet.

Schrumpfender Sturm

Aktuelle Hubble-Aufnahme zeigen nun, dass es erneut soweit ist, und bilden das rätselhafte Phänomen erstmals mitten im Geschehen ab: Ein im September 2015 beobachteter Fleck mit einem Durchmesser von mehr als 5.000 Kilometern ist binnen zwei Jahren um fast ein Drittel geschrumpft. Der Wirbelsturm verhält sich dabei anders als Wissenschafter erwartet hatten, sagt Michael Wong von der University of California in Berkeley. "Dynamische Simulationen besagen, dass Antizyklone bei Neptuns Windscherung wahrscheinlich zum Äquator abdriften würden. Wir dachten, sobald der Wirbel dem Äquator zu nahe kommt, würde er sich auflösen und eine spektakulären Wolkenaktivität verursachen."

Hubble-Aufnahmen über einen Zeitraum von zwei Jahren zeigen das Schrumpfen des Wirbelsturms um fast ein Drittel.
Foto: NasaIllustration

Doch statt eines spektakulären Endes wird der mysteriöse Sturm offenbar einfach immer kleiner, so Wong, der mit Kollegen soeben eine Studie dazu im "Astronomical Journal" veröffentlicht hat. Den Forschern zufolge könnte das mit der unerwarteten Richtung zusammenhängen, in die er sich bewegt: zum Südpol anstatt zum Äquator.

Hubble-Kampagne

Doch um das Rätsel um Neptuns dunkle Flecken aufzuklären, liegen noch nicht genügend Beobachtungsdaten vor. Nachdem Voyager 2 das Neptun-System Richtung interstellaren Raum verlassen hat, ist heute nur Hubble in der Lage, brauchbare Aufnahmen zu liefern – die Erdatmosphäre erschwert eine hochauflösende Beobachtung des Neptuns, der durch das Methan in seiner Atmosphäre blau erscheint, mit irdischen Teleskopen enorm. "Im Moment kann nur Hubble die Daten liefern, die wir benötigen, um zu verstehen, wie diese faszinierenden neptunischen Wettersysteme funktionieren", sagt Wong.

Nasa-Video zum Sturmphänomen auf Neptun.
NASA Goddard

Da die Aufgabenliste des Weltraumteleskops ziemlich lang ist, nahm Hubble in der Vergangenheit unseren äußersten Nachbarn aber nur alle paar Jahre in den Blick – zu selten, um die Entstehung und das Verschwinden der Neptunstürme vollständig zu erfassen. Seit 2014 gibt es jedoch mit dem "Outer Planet Legacy"-Programm eine Kampagne zur jährlichen Beobachtung der Gasplaneten im Sonnensystem. Dank dieser Daten konnte nun erstmals das rätselhafte Verschwinden eines dunklen Flecks auf Neptun direkt dokumentiert werden – ein erster Schritt, um Licht ins Dunkel der neptunischen Flecken zu bringen. (David Rennert, 17.2.2018)