Das Medizinstudium in Innsbruck ist für deutsche Studierende besonders interessant – die Politik sucht Wege, sie auch nach dem Abschluss im Land zu halten.

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Peter Loidl, Vizerektor der Medizin-Uni Innsbruck sieht die wahren Probleme anderswo, nicht bei der Arbeitspflicht für deutsche Jungärzte.

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Innsbruck – In der vergangenen Woche sorgte der Tiroler FPÖ-Obmann Markus Abwerzger im STANDARD-Interview für Aufsehen, als er eine Arbeitspflicht für deutsche Jungärzte, die ihr Studium in Österreich absolviert haben, forderte. Die ÖVP wiederum setzt im Landtagswahlkampf weiter auf ihre Idee einer Medical School als Lösung für den Ärztemangel im ländlichen Raum. Doch was ist aus fachlicher Sicht von derlei Wahlkampfrhetorik zu halten? Der STANDARD hat den Vizerektor der Medizinischen Universität Innsbruck, Peter Loidl, um seine Expertise zu den Parteienvorschlägen gebeten.

Dem Vorstoß des FPÖ-Chefs, der deutsche Numerus-clausus-Flüchtlinge als Problem der Medizinischen Universität erkannt haben will, kann Loidl nur wenig abgewinnen: "Wenn man das zu Ende denkt, geht das völlig ins Leere." Zuerst seien die genannten Zahlen zu korrigieren, wie Loidl erklärt. Denn wenn Abwerzger von "mehr als 40 Prozent ausländischer Studierender" spricht, so gilt das für die Hauptuni, wo im Wintersemester 2016/2017 genau 40,1 Prozent der Studierenden nicht aus Österreich waren. Die Medizinische Universität ist eine eigenständige Hochschule, an der die maximale Quote von 25 Prozent deutscher Studenten gilt.

Schwierige Verpflichtung für die Zukunft

Zur von Abwerzger angedachten dreijährigen Arbeitspflicht im Anschluss an das Studium merkt Loidl an, dass dies im Grunde der Idee des FPÖ-Chefs zuwiderlaufe, der damit die Kosten für die Ausbildung zurückholen will: "Dann würde Österreich nämlich nicht nur sechs Jahre Studium finanzieren, sondern auch die anschließenden drei Jahre Facharztausbildung." Zudem gibt Loidl zu bedenken, dass selbst wenn man dies für die Zeit nach der Facharztausbildung überlege, es in der Praxis schwierig bis unmöglich sein dürfte, 18-Jährige dazu zu verpflichten, wo und was sie in über zehn Jahre arbeiten müssen.

Von Zwangsmaßnahmen hält der Vizerektor wenig. Er würde vielmehr auf die persönliche Bindung bauen: "Wer jahrelang hier studiert, hat auch ein soziales Netz aufgebaut und wird gerne bleiben, wenn ein ansprechendes Arbeitsumfeld geboten wird."

Von einem Medizinermangel sei überdies keine Rede, so Loidl: "Aber wir haben ein Verteilungsproblem." Die von Abwerzger kritisierte Abwanderung nach dem Studium sei bereits durch das Ärztearbeitszeitgesetz und die damit verbundene bessere Entlohnung gestoppt worden. Wanderten 2015 noch rund 70 Prozent der Medizinstudenten, darunter vor allem auch Österreicher, nach Studienabschluss ab, so bleiben heute über 80 Prozent hier. Es gelte daher, die entsprechenden Anreize zu schaffen, um Mediziner in Tirol zu halten.

Peripherie besser ausstatten

Auch der Ansatz der ÖVP, die zur Bekämpfung des Landärztemangels am Konzept einer Medical School neben der Medizinischen Universität festhält, gehe im Grunde am Thema vorbei. Wieder verweist Loidl auf die genügende Zahl an ausgebildeten Medizinern. Die Lösung liegt für ihn darin, ganz einfach nur die Primärversorgung wieder attraktiver zu machen. Das beginne bei Förderungen für Praxisgründungen und reiche bis zu Kinderbetreuungseinrichtungen: "Denn um diese Sparte etwa für Frauen interessanter zu machen, muss die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gewährleistet sein." Zudem plädiert Loidl dafür, die Krankenhäuser in der Peripherie mit besserer Technik auszustatten, um sie als Arbeitsplatz aufzuwerten. (Steffen Arora, 19.2.2018)