Stundenplanerstellung ist eine komplizierte, für Außenstehende auch etwas unübersichtliche Sache, wenn dann aber noch zu wenige Lehrerinnen und Lehrer verfügbar sind, wird es besonders schwierig.

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Paul Kimberger, Vorsitzender der Pflichtschullehrergewerkschaft, sieht mehrere Ursachen für Lehrermangel.

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Wien – Was waren das für Zeiten, als vor Lehramtsstudien noch hochoffiziell gewarnt wurde: Im Jahr 2001 empfahl die damalige Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) in einem Brief an alle Maturantinnen und Maturanten, doch Studien im IT-Bereich zu wählen, weil angehende Lehrerinnen und Lehrer mit fünf bis acht Jahren Wartezeit auf einen Job rechnen müssten.

17 Jahre später wandte sich nun wieder ein politischer Funktionär an junge Menschen – diesmal mit dem Appell, sich doch bitte, so sie "Talent zum pädagogischen Beruf haben", für ein Lehramtsstudium zu entscheiden: "Wir brauchen Lehrer!", lockte Oberösterreichs Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer (ÖVP) angesichts eines ab 2020 drohenden "akuten Lehrermangels". Vor allem in Deutsch, aber auch für Mathematik und Englisch würden Pädagoginnen und Pädagogen gebraucht.

Nachfrage bei Paul Kimberger, dem Chef der Pflichtschullehrergewerkschaft. Lehrermangel, ja oder nein? Wie akut? Was tun?

Abwandern und absaugen

"Der Lehrermangel ist schon längst Realität", antwortet der oberste Pflichtschullehrervertreter, wenngleich die Situation je nach Bundesland unterschiedlich sei, jedoch gelte: "Wir gehen überall tendenziell auf einen Mangel zu." In Wien gebe es schon jetzt einen "eklatanten Lehrermangel", und auch Vorarlberg habe besonders zu kämpfen, genug Lehrpersonal zu finden. Für die Bundeshauptstadt liegt die Antwort teilweise in Niederösterreich: "Das saugt enorm viel ab", sagt Kimberger. Viele Lehramtsabsolventen gingen nach der Ausbildung ins Heimatland zurück. Vorarlberg wiederum müsse fast schon "traditionell" Abwanderung in die Schweiz und nach Deutschland verkraften, wo höhere Gehälter als Attraktivitätsfaktor wirken.

Dass es dennoch keine lehrerlosen Klassen gibt, ist nur durch die österreichweit rund 1.800 Sonderverträge zum Beispiel mit Lehramtsstudierenden, die noch gar nicht fertig sind, aber schon in eine Klasse geschickt werden, machbar. Laut Kimberger unterrichten diese jungen Fast-Lehrer "teilweise voll, bekommen aber etwas weniger bezahlt, weil sie ihre Ausbildung eben noch nicht abgeschlossen haben" – und schließen diese in vielen Fällen, trotz Appellen von Dienstgeberseite, auch gar nicht mehr ab, weil sie das neben dem aufreibenden Job in der Schule oft gar nicht mehr schaffen, sagt der Gewerkschafter. Allein im Sonderpädagogikbereich fehlten 3.600 Lehrpersonen, die Mint-Fächer sind ebenfalls Mangeldisziplinen – verschärft durch die sehr restriktive Anrechnung von Vordienstzeiten für Quereinsteiger, kritisiert Kimberger.

Auf der anderen Seite, am Ende eines Lehrerlebens, steht in den nächsten zehn bis zwölf Jahren die Pensionierung der Hälfte aller 120.000 Lehrerinnen und Lehrer in Österreich an, sagt Kimberger. Eine zusätzliche "Dramatik" bringe die neue Lehrerausbildung, die 2019 im Vollausbau anläuft.

Ein Absolventenjahrgang fehlt

"Durch die verlängerte Studienzeit werden wir im Pflichtschulbereich mindestens ein Jahr lang keine neuen Lehrer herausbringen." Künftige Volksschullehrer müssen dann fünf statt bisher drei Jahre bis zur vollen Berufsberechtigung studieren, an den Unis sind es insgesamt zwölf Semester.

Als "Reserve" bleiben noch jene Lehrerinnen und Lehrer, die auf Wartelisten geparkt sind. In Oberösterreich sind das "einige Hundert, Tendenz stark fallend", sagt der Lehrervertreter, österreichweit schätzt er die Wartelistenzahl ungefähr fünfmal so hoch ein.

Was also tun, Herr Kimberger? "Wir bräuchten dringend Werbeaktionen schon in den Schulen. Motto: Werdet Lehrerin oder Lehrer! Das ist ein wirklich schöner Beruf – und krisensicher auch!" (Lisa Nimmervoll, 20.2.2018)