Herwig Götschober (Vierter von links) bei einem "Fest der Freiheit" im Jahr 2014. Was er dabei gesungen hat, ist nicht überliefert.

Foto: Christian Fischer

Wien – Während in der Liederbuchaffäre der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt derzeit noch die Ermittlungen laufen, ist nun eine weitere Burschenschaft mit antisemitischem Liedgut aufgefallen. Der "Falter" zitiert in seiner am Mittwoch erscheinenden Ausgabe das Liederbuch der pflichtschlagenden Burschenschaft Bruna Sudetia.

Dort heißt es unter anderem: "Zwei Juden schwammen einst im Nil, den einen fraß ein Krokodil, den anderen hat es nur angeglotzt, da hätt' es den ersten fast ausgekotzt." Und an anderer Stelle: "Der eine ist ersoffen, vom anderen wollen wir's hoffen." Zu singen ist der unter der Rubrik "Heiteres" gelistete antisemitische Text zur Melodie "Freut Euch des Lebens".

Zusätzliche Brisanz erhält der Fall dieser Burschenschaft dadurch, dass deren Obmann Herwig Götschober Social-Media-Beauftragter im Kabinett des von Norbert Hofer (FPÖ) geführten Verkehrsministeriums ist. Götschober ist auch selbst als FPÖ-Mandatar in Wiens zweitem Bezirk aktiv.

Distanzierung durch Pressesprecher

Der "Falter" schreibt: "Götschober ist in der Szene kein Unbekannter. Er nahm unter anderem 2009 an einem Aufmarsch am Grab des Nazis und Luftwaffenmajors Walter Nowotny auf dem Wiener Zentralfriedhof teil. Auch bei Pegida in Dresden war Götschober zu Gast." Für den STANDARD ebenso wie für den "Falter" war Götschober am Dienstag nicht erreichbar, über Hofers Pressesprecher wurde aber verbreitet, dass sich Götschober von den antisemitischen Inhalten distanziere und ein anderes Liederbuch verwende. Gegenüber der APA weist die Burschenschaft die Vorwürfe "mit aller Vehemenz" zurück. Das Buch sei niemals im Besitz der Verbindung und daher auch nicht in Verwendung gewesen, hieß es am Dienstag in einer schriftlichen Stellungnahme. Die Verbindung prüft nun rechtliche Schritte gegen die Wochenzeitung.

Rücktrittsforderung aus dem Bezirk

Die SPÖ verlangte umgehend, den Burschenschafter Götschober aus dem Verkehrsministerium abzuziehen, die Neos reagierten "empört, aber nicht überrascht".

Die Leopoldstädter Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger (Grüne) fordert nun den "sofortigen Rücktritt" des FPÖ-Bezirksrats. Die Leopoldstadt gelte als der jüdische Bezirk in Wien, "daher wäre es für die jüdische Community unzumutbar, einen derartigen Vertreter im Bezirk ertragen zu müssen".

Die im achten Bezirk und gleichzeitig im Deutschnationalismus beheimatete Burschenschaft Bruna Sudetia wirbt damit, dass "konservativ sein" alles andere als "von gestern" sein bedeute.

Ostmark-Nostalgie

Tatsächlich aber sollen die Brunen in ihren Liedern die "Ostmark", wie Österreich nach seiner Eingliederung ins Deutsche Reich genannt wurde, besingen. In einem mit 1972 datierten Lied wird beklagt, dass "Deutschland dreigeteilt" sei (gemeint sind die Bundesrepublik, die damals noch bestehende DDR und Österreich). (cs, APA, 21.2.2018)