Foto: Screenshot ORF TVthek

Wien – Die ORF-Inforedakteure haben – nicht einstimmig – eine Resolution zur geplanten Struktur des ORF-Fernsehens beschlossen: Die geplanten Channel Manager für ORF 1 und ORF 2 begrüßen sie nach einer Aussprache mit ORF-General Alexander Wrabetz. Die Aufteilung der TV-Information unter zwei Channel Managern halten sie aber für "fragwürdig".

"Entmachtung der TV-Direktorin falsches Signal"

Der ORF-Generaldirektor – er wurde in der Redakteursversammlung am Mittwoch befragt – bekomme mit der geplanten Organisation "eine Machtfülle im Programm und den Redaktionen, die es bisher nicht gegeben hat", heißt es in der Resolution: "Diese Kombination lässt eine politische Abhängigkeit und Erpressbarkeit des Generaldirektors befürchten, egal wer diese Funktion jetzt oder in Zukunft ausfüllt. Die völlige Entmachtung der zuständigen Programmdirektorin/Fernsehdirektorin sehen wir als falsches Signal und widerspricht aus unserer Sicht dem geltenden ORF-Gesetz."

Von der Regierung erwarten die Redakteure, "dass es ihr nicht um den Zugriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und das Durchsetzen ihrer Personalwünsche geht, sondern um die Stärkung der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks". Der ORF leiste für die Demokratie in diesem Land einen wesentlichen Beitrag: "Daher darf er nicht von den politischen Parteien als Spielball mißbraucht, sondern muss in seiner Aufgabe gestärkt werden."

Die Resolution im Wortlaut

Die Resolution der Redakteure des Aktuellen Diensts Fernsehen im Wortlaut:

Wir halten die Einführung von Channel Managern für die Programme ORF eins und ORF 2 grundsätzlich für sinnvoll – so wie es im Radio schon viele Jahre gelebte Praxis ist. Und sinnvoll ist auch die programmliche Neugestaltung von ORF eins, um den Sender mit mehr öffentlich-rechtlichen Inhalten zu bespielen.

Für fragwürdig hingegen halten wir die Trennung unserer Redaktion in zwei Info-Mannschaften für ORF 1 und ORF 2. Mit zwei ChefredakteurInnen, die den Channel Managern unterstellt sind. Die Zusammenarbeit zwischen der ORF 1- und ORF2-Info ist eng verzahnt. Eine vollständige Trennung und die Unterstellung des Chefredakteurs unter den jeweiligen Channel Manager lässt Reibungsverluste befürchten und hat hohes Konfliktpotential. Deutlich sinnvoller ist für uns das Radio-Modell: Channel Manager kümmern sich um ihre jeweiligen Sender, die Information wird jedoch vom Aktuellen Dienst Radio (HD1) für alle Kanäle maßgeschneidert zugeliefert.

Die Aufteilung in zwei Redaktionen bedarf zusätzliches Personal, birgt hohe Reibungsverluste, die Kosten steigen, weil das Management aufgebläht wird. Gleichzeitig wird seit Jahren im redaktionellen Bereich Personal eingespart

Weiters widerspricht die Trennung des Aktuellen Dienstes den Bestrebungen, eine gemeinsame Organisationsform von Radio/TV/Online zu finden und trennt eine funktionierende redaktionelle Einheit. Es liegt der Schluss nahe, dass die neue Struktur vor allem dazu dient, die Position des Chefredakteurs neu auszuschreiben, ihn auszutauschen und zwei neue Chefredakteure besetzen zu können.

Dabei haben die steigenden Zuschauerzahlen der Informations-Programme in den vergangenen Jahren deutlich gezeigt, dass die FD1 in der gegenwärtigen Form sehr gut aufgestellt ist und das Vertrauen des Publikums hat.

Die Regierungsparteien kommen ab Mai auf eine 2/3-Mehrheit im Stiftungsrat und können so jederzeit den Generaldirektor absetzen.

Gleichzeitig sichert sich der Generaldirektor über die neue Organisationsform eine Machtfülle im Programm und den Redaktionen, die es bisher nicht gegeben hat. Diese Kombination lässt eine politische Abhängigkeit und Erpressbarkeit des Generaldirektors befürchten, egal wer diese Funktion jetzt oder in Zukunft ausfüllt. Die völlige Entmachtung der zuständigen Programmdirektorin/Fernsehdirektorin sehen wir als falsches Signal und widerspricht aus unserer Sicht dem geltenden ORF-Gesetz.

Von der Regierung erwarten wir, dass es ihr nicht um den Zugriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und das Durchsetzen ihrer Personalwünsche geht, sondern um die Stärkung der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der ORF leistet für die Demokratie in diesem Land einen wesentlichen Beitrag. Daher darf er nicht von den politischen Parteien als Spielball mißbraucht, sondern muss in seiner Aufgabe gestärkt werden.

ORF-General Alexander Wrabetz muss Redakteure und Betriebsrat zu seinem Entwurf für eine Organisationsanweisung – wie der aktuelle über Channel Manager und Channel Chefredakteure – hören, bevor er sie in Kraft setzt. Danach kann Wrabetz die Funktionen ausschreiben. (fid, 21.2.2018)