Verschwörungstheoretiker bezeichnen David Hogg als bezahlten Darsteller.

Foto: Youtube

"Crisis actor" ist schon seit einiger Zeit einer der neuen Lieblingsbegriffe von Verschwörungstheoretikern. Dieser bezeichnet Personen, die als Darsteller in Aufnahmen von Krisenereignissen zu sehen sind, um etwa als Interviewpartner eine bestimmte Agenda zu befördern. Dies geschieht nun auch im Falle des Amoklaufs an einer Schule in Parkland, Florida.

Verschwörungsclips hoch in den Charts

Auf Youtube kursieren Videos, die den in verschiedenen TV-Aufnahmen zu sehenden Überlebenden unterstellen, Schauspieler zu sein. Sie seien angeheuert worden, um die öffentliche Meinung zugunsten strengerer Waffengesetze in den USA zu manipulieren. Kurzfristig wurde ein solcher Clip sogar Nummer eins in den Youtube-Trends, berichtet der "Guardian".

Mittlerweile wurde das Video von der Google-Tochter gelöscht. Der Umgang mit derlei Inhalten gestaltet sich schwierig, denn in den Nutzungsbedingungen gibt es keine spezifische Regelung hinsichtlich des Umgangs mit Falschinformation. Die Situation hat auch zu Kritik an Youtube geführt.

"Buzzfeed"-Autorin Jane Lytvynenko erklärt etwa, dass diese Entwicklung nach jedem Angriff zu beobachten sei und Youtube somit damit hätte rechnen können. Sie zeigt Screenshots der Suchergebnisse für den Namen "David Hogg". Er ist einer der überlebenden Schüler, der sich öffentlich stark für strengere Waffengesetze engagiert und nach dem Amoklauf in einer Rede auch US-Präsident Trump scharf angegriffen hat.

Gefahr für "Informations-Ökosystem"

Ganz ignoriert dürfte Youtube das Problem allerdings nicht haben. Denn unter allgemeineren Suchbegriffe, etwa "Florida shooting", seien in den Tagen nach dem Vorfall kaum Verschwörungsclips in den Topergebnissen zu finden gewesen. Dennoch schürt die Situation Sorge davor, dass durch das gezielte Ausnutzen von Suchalgorithmen auf sozialen Plattformen das "Informations-Ökosystem" gefährdet wird, da Videos mit wilden Behauptungen besser gereiht werden als Content seriöser Nachrichtenquellen.

Hier stellt sich auch die Frage nach den Einnahmen, die mit potenziell klickstarken Verschwörungsinhalten zu erzielen sind – und zwar sowohl für die Verfasser der Videos als auch für Youtube und andere Anbieter. Diese verdienen Geld durch die Einblendung von Werbung. Youtube erklärt gegenüber dem "Guardian", dass man mittlerweile begonnen habe, Änderungen umzusetzen, die reputablen Newslieferanten helfen sollen, besonders bei wichtigen Ereignissen in den Suchergebnissen besser gereiht zu werden. Jedoch würden diese Maßnahmen noch nicht immer schnell genug greifen. Die eigenen AGBs hat man mittlerweile um ein Verbot von Fälschungen erweitert, wenn diese die "Opfer von tragischen Ereignissen" betreffen.

Ähnliche Videos auch zu Amoklauf in Las Vegas

Die netzpolitische Organisation Data & Society erklärt, dass sich mehr tun lasse. Es sei "einfach" festzustellen, über welche Kreise sich solche Clips verbreiteten. So würden etwa Nutzer, die Verschwörungsinhalte zu "Pizzagate" geteilt hätten, auch die "Crisis actor"-Clips weiterverbreiten. Der Amoklauf in Parkland ist freilich nicht das erste Ereignis dieser Art, das von Verschwörungstheoretikern als Inszenierung bezeichnet werden.

Entsprechende Videos kursierten auch nach dem Amoklauf in Las Vegas, bei dem der Täter Stephen Paddock mit semiautomatischen Waffen aus einem Hotelzimmer auf Besucher eines Musikfestivals schoss. Dabei wurden 851 Personen verletzt und 58 Menschen getötet. (red, 22.2.2018)