Derzeit gibt es gleich drei Möglichkeiten, eine Unterstützungserklärung für Volksbegehren abzugeben.

Foto: Roland Schlager

Wien – Derzeit wollen die Initiatoren von gleich drei Volksbegehren die Unterstützung der Bevölkerung. Das Begehren "Don´t smoke" für ein absolutes Gastro-Rauchverbot hatte am Donnerstag mit über 315.000 Unterschriften die Nase vorn. Für das Frauenvolksbegehren, das sich für mehr Wahlfreiheit einsetzt, konnten bereits 100.000 Unterstützer gewonnen werden.

Knapp 37.000 Unterschriften sammelte das Plebiszit "Asyl europagerecht umsetzen", das eine faire Verteilung und Finanzierung im EU-Asylwesen fordert. Das Frauenvolksbegehren sowie jenes für den Nichtraucherschutz haben damit bereits erfolgreich die Hürde von 100.000 Stimmen genommen, die zur Behandlung im Nationalrat erforderlich sind.

DER STANDARD gibt einen Überblick über die wichtigsten Fragen zu Volksbegehren sowie die Unterschiede zu Volksabstimmungen und Volksbefragungen.

Frage: Wie schnell könnte eine Eintragungswoche stattfinden?

Antwort: Unter elf Wochen geht nichts. Die Initiatoren müssen zuerst den Einleitungsantrag einbringen, über den das Innenministerium innerhalb von drei Wochen entscheidet und einen Termin fixiert. Nach Verlautbarung des Termins müssen mindestens acht Wochen vergehen, bevor die Eintragung starten darf. Für das Frauenvolksbegehren, das noch bis 12. März Unterschriften sammelt und danach so bald wie möglich einen Einleitungsantrag stellen möchte, wäre demnach die Eintragungswoche frühstens Ende Mai.
Robert Stein, Leiter der Bundeswahlbehörde, rechnet nach Ende der Eintragungswoche mit vier bis sechs Wochen, bis dann das Volksbegehren dem Nationalrat übermittelt werden kann.

Frage: Was passiert mit dem Volksbegehren im Parlament?

Antwort: Im Parlament wird das Volksbegehren dem zuständigen Ausschuss zur Vorberatung zugewiesen. Für das "Don't Smoke"-Volksbegehren wäre das der Gesundheitsausschuss, der wiederum einen eigenen Unterausschuss einsetzen kann. Die Vorberatung muss innerhalb eines Monats beginnen, nach weiteren vier Monaten ist dem Nationalrat ein Bericht über das Ergebnis der Beratungen zu erstatten. Die zuständigen Minister sind in den Ausschüssen und im Parlament üblicherweise anwesend, müssen aber keine schriftliche Stellungnahme formulieren. Nach Einlangen des Berichts muss sich der Nationalrat als Plenum in der nächsten Sitzung mit dem Volksbegehren befassen. Es hat in der Tagesordnung Vorrang vor allen übrigen Gegenständen.

Frage: Welches Ergebnis kann der Nationalrat beschließen?

Antwort: Je nach Ausschussergebnis sind drei Szenarien möglich, über die der Nationalrat diskutiert und abschließend abstimmt. Der Ausschuss kann einen Antrag auf Änderung bzw. Schaffung eines Gesetzes beschließen oder einen unverbindlichen Entschließungsantrag erarbeiten, in dem die Regierung aufgefordert wird, geeignete Regierungsvorlagen zu erarbeiten. Möglich ist auch die Übermittlung eines negativen oder narrativen Berichts, in dem lediglich über die Beratungen berichtet wird. Da keines der Volksbegehren in Gesetzesform eingebracht wurde, ist die Möglichkeit eines Beschlusses des Begehrens als Gesetz ausgeschlossen.

Frage: Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hat bereits klargestellt, dass es zur Aufhebung des Gastro-Rauchverbots vorerst keine Volksabstimmung geben wird. Wie wahrscheinlich ist eine Volksabstimmung dann?

Antwort: Eine Volksabstimmung muss sich immer auf einen Gesetzestext beziehen, der zur schwarz-blauen Raucherregelung ist allerdings noch nicht bekannt. Theoretisch möglich wäre eine Volksabstimmung über den von den Freiheitlichen angekündigten Initiativantrag. Eine Abstimmung würde auch ein vorübergehendes Inkrafttreten des absoluten Rauchverbots am 1. Mai bedeuten.

Eine Entscheidung für eine Volksabstimmung ist jedoch aufgrund der türkis-blauen Mehrheit und des Klubzwangs bei Abstimmungen praktisch unrealistisch. Es sei denn, es fänden sich genug Abtrünnige in ihren Reihen. Zumindest in den Ländern regt sich Widerspruch. Der FPÖ-Parteiobmann des Burgenlands, Johann Tschürtz, und Kärntens Landesparteichef Gernot Darmann etwa sprechen sich für eine Volksabstimmung aus. Im Nationalrat bräuchte es von 183 Abgeordneten 92, damit der Antrag im Plenum angenommen wird.

Frage: Was kann das Volksbegehren dann überhaupt bewirken?

Antwort: Zunächst einmal nur, dass der politische Druck auf die Regierung für ein Rauchverbot in Lokalen weiter zunimmt, denn rechtlich bindend sind Ergebnisse nicht. Werner Zögernitz, Präsident des Instituts für Parlamentarismus und Demokratiefragen, spricht sich für Volksbegehren aus, hat aber auch ein Anliegen: "Ich bin ein großer Anhänger davon, dass Volksbegehren in Gesetzesform eingebracht werden und nicht nur als einzelner Satz. Je konkreter und besser ausformuliert ein Volksbegehren ist, desto eher hat es eine Chance, realisiert zu werden." Bürger würden dadurch auch besser beurteilen können, worüber genau abstimmt wird.

Frage: Die Neos wollen einen Antrag auf Volksbefragung im Nationalrat einbringen, die SPÖ einen für eine Volksabstimmung. Was würden diese Varianten bringen?

Antwort: Das Ergebnis einer Volksbefragung ist ebenfalls nicht bindend. In Österreich gab es 2013 die erste und bisher einzige landesweite Befragung zur Wehrpflicht. Eine Volksabstimmung hingegen verpflichtet die Regierung zur Umsetzung des Ergebnisses. Die erste fand 1978 statt, in der sich die Mehrheit gegen die Inbetriebnahme des fertiggestellten Atomkraftwerks Zwentendorf aussprach. Eine obligatorische Abstimmung gab es über den EU-Beitritt Österreichs 1994.

Frage: Was verspricht das Regierungsprogramm zum Ausbau der direkten Demokratie?

Antwort: Das von ÖVP und FPÖ ausverhandelte Modell soll 2022 in Kraft treten. Demnach soll ein Volksbegehren, das in Form eines Gesetzesantrags von mehr als 900.000 Wahlberechtigten unterstützt und vom Parlament binnen eines Jahres nicht entsprechend umgesetzt wurde, den Wählern in einer Volksabstimmung zur Entscheidung vorgelegt werden. Eine verpflichtende Vorabkontrolle der Volksabstimmung auf grundrechtliche, völkerrechtliche und europarechtliche Konformität durch den Verfassungsgerichtshof ist ebenfalls vorgesehen. Wie Verfassungsrechtler Heinz Mayer erklärte, könne solch ein Systems selbst nur per Volksabstimmung eingeführt werden, da es eine Änderung des Grundprinzips der repräsentativen Demokratie bedeuten würde. (Verena Richter, 22.2.2018)