Rostock – Im Flüssen, Seen und Ozeanen schwimmt sogenanntes Mikroplastik – Kunststoffteilchen, die kleiner als fünf Millimeter sind. Welche Auswirkungen das auf die Gesundheit haben kann, darüber gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse.

Das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) in Rostock hat nun den Einfluss von Mikroplastik in Wasserökosystemen auf die Entstehung spezieller Bakteriengemeinschaften unter die Lupe genommen. Konkret wurde erstmals systematisch untersucht, ob sich bakterielle Biofilme auf Mikroplastik von denen auf natürlichen Materialien unterscheiden und welchen Einfluss verschiedene Umweltfaktoren wie der Salzgehalt oder Nährstoffe im umgebenden Wasser dabei haben.

Was die Forschung bislang herausgefunden hat: In Meeren und Flüssen konnten mehrere 100.000 Teilchen pro Quadratkilometer gefunden werden – und zwar nicht nur in der Nachbarschaft zu Zivilisationshotspots, wie etwa im Nordatlantik vor New York oder im Mündungsbereich des Rheins mit seinen insgesamt rund 60 Millionen Einwohnern im Einzugsgebiet, sondern auch fernab jeder menschlichen Besiedlung im arktischen Eis, den Sedimenten der Tiefsee oder mitten im Pazifik.

Wundbrand-Keime

Mittlerweile gibt es erste Hinweise über die Schädlichkeit der Partikel – indem etwa Tiere das Mikroplastik mit der Nahrung aufnehmen. "Obwohl sich die Forschung seit fast 15 Jahren verstärkt mit dem Phänomen der Mikroplastikanreicherung in den Meeren beschäftigt, ist erstaunlich wenig darüber bekannt, welchen Einfluss die Teilchen auf Ökosysteme haben und welches Schadpotenzial tatsächlich von ihnen ausgeht", sagt Mikrobiologe Matthias Labrenz vom IOW.

In der IOW-Studie wurde nun analysiert, welche Mikroorganismen sich auf Mikroplastik ansiedeln. Denn die im Wasser treibenden Partikel bieten trotz ihrer geringen Größe eine feste Oberfläche, auf der sich dichte Biofilme bilden können.

"Zum einen beschäftigt uns die Frage, ob es Bakterien gibt, die sich auf die Besiedlung von Plastik spezialisiert haben. Zum anderen gab es beunruhigende Einzelbeobachtungen, die darauf hindeuteten, dass sich gesundheitsbedrohliche Keime wie etwa Wundbrand verursachende Vibrionen auf Mikroplastik anreichern könnten", sagt Labrenz.

Von Ostsee bis Kläranlage

Solche Krankheitserreger gehören zur normalen Bakterienflora im Meer. Verdünnt im freien Wasser seien sie meist unproblematisch. "Eine Anreicherung als Biofilm auf Mikroplastik könnte sie deutlich gefährlicher machen, da die Plastikpartikel schneller und weiter verdriftet werden als einzelne Bakterienzellen, was eine Ausbreitung der Pathogene fördern und damit die Gefahren durch Mikroplastik für den Menschen erhöhen würden", erläutert der IOW-Forscher.

Um das zu klären, wurden Pellets aus Plastik und Holz in einem Feldversuch verschiedenen Umweltbedingungen ausgesetzt. Dabei wurden die nährstoffarme, salzige Meeresumwelt in der Ostsee, der zunehmende Süßwassereinfluss in der Warnow-Mündung und die nährstoffreiche Süßwasserbedingung in einem Klärwerk miteinander verglichen. Die auf den Pellets neu entstandenen Biofilme wurden nach zwei Wochen genetisch charakterisiert, um ihre Zusammensetzung vergleichen zu können.

Bakteriengattung "Sphingopyxis"

Das Ergebnis: "Wir haben zwar Vibrionen in unseren Proben gefunden, allerdings haben sie sich nicht auf Plastik angereichert. Im Gegenteil: Wir konnten sogar zeigen, dass sie dort im Vergleich zu natürlichen Partikeln in geringeren Anzahlen vorkommen", sagt Studienleiter Matthias Labrenz. "Ein anderer Befund unserer Studie verdient allerdings besondere Aufmerksamkeit. Im Klärwerk hat sich die Bakteriengattung 'Sphingopyxis', die häufig eine Antibiotika-Resistenz ausbildet, verstärkt auf Plastik angesiedelt", ergänzt Co-Autorin Sonja Oberbeckmann.

Das Fazit der Forscher: Mikroplastik-Partikel sind möglicherweise Hotspots für die Weitergabe von solch potenziell gefährlichen Resistenzen. In welchem Umfang dies geschieht und ob diese Prozesse ein Umweltrisiko darstellen, dazu haben wir gerade neue Untersuchungen gestartet", so die Mikrobiologin. (red, 23.2.2018)