Es geht immer um das eine. In der Medienpolitik österreichischer Bundesregierungen in allen Kombinationsmöglichkeiten von SPÖ, ÖVP und FPÖ ist das die Kontrolle über das größte und reichweitenstärkste Medienhaus des Landes. Das ist – noch jedenfalls – der ORF.

Die Mittel zum Zweck haben auch schon deutliche Gebrauchsspuren: Neue ORF-Gesetze etwa haben meist zum erklärten Ziel, den öffentlich-rechtlichen Auftrag zu präzisieren, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abzusichern oder gar zu stärken. Und sie helfen doch vor allem dabei, ORF-Generaldirektoren und -Direktoren abzulösen, ohne sie kalt mit Regierungsmehrheit abzuberufen.

Channel-Manager für ORF 1 und ORF 2

Ähnlich funktionieren neue Strukturen – wie nun im ORF-Fernsehen geplant: ORF 1 braucht tatsächlich dringend eine neue Identität jenseits von Kauffilm, Kaufserie und Premiumsport. ORF 1 und ORF 2 bekommen Channel-Manager und dazu jeweils einen Chefredakteur. Praktischer Nebeneffekt: Den Job des TV-Chefredakteurs von Fritz Dittlbacher, den vor allem FPÖ und Krone auch öffentlich attackieren, gibt es dann nicht mehr. Dafür neue Jobs, womöglich für Menschen, die ÖVP und/oder FPÖ lieber an Schaltstellen des ORF sehen. Die Channels unterstehen künftig, wie seit 2017 schon die TV-Information, dem ORF-Generaldirektor.

Eine Resolution der TV-Redakteursversammlung warnt da vor einer nie da gewesenen "Machtfülle" des ORF-Chefs und zugleich vor seiner "politischen Abhängigkeit und Erpressbarkeit" durch eine absehbare Zweidrittelmehrheit der Regierungsparteien im Stiftungsrat des ORF.

Regierungsmehrheiten bestimmen die Größe

24 von 35 Stimmen dort können ORF-Generäle jederzeit abberufen – wenn sie nicht aus optischen Gründen auf ein neues ORF-Gesetz warten wollen. Zunächst aber könnten die neuen Führungsjobs im ORF-Fernsehen und ihre Besetzung den Überdruck etwas abbauen – den lautstarken der FPÖ gegenüber dem ORF, seiner Führung und seinen Journalisten, und den leiseren der ÖVP.

Am Grundproblem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ändert das nichts: Eine seiner zentralen Aufgaben ist, unabhängig und umfassend zu berichten, nicht aber die Erwartungen von Politikern gleich welcher Partei zu erfüllen. Doch Regierungsmehrheiten bestimmen unmittelbar seine Größe, seine Finanzierung, seine Existenz. Auch das sind Mittel, um den ORF in den Griff zu bekommen und kleinzukriegen. Und sie sind – verbal – schon zur Hand. (Harald Fidler, 22.2.2018)