Wer sich regelmäßig die Mühe macht – und es kann tatsächlich als Mühe bezeichnet werden -, die monatlich erscheinende Aula durchzublättern, findet sich in einer anderen Welt wieder. In einer rechtsextremen Geisteswelt, die im oft zitierten Verfassungsbogen Österreichs wie ein Fremdkörper anmutet. Schon bevor das Blatt 2015 von Überlebenden aus dem Konzentrationslager Mauthausen als "Landplage", "Kriminelle" und "Massenmörder" schrieb, fand man hier regelmäßig schlecht, aber zur Umgehung des Verbotsgesetzes genügend verklausulierte Verharmlosungen der NS-Zeit. Und jede Menge antisemitische Untertöne und Verschwörungstheorien.

Holocaust schreibt das Blatt in Anführungszeichen. Publikationen oder Autoren, die Juden unter anderem für den Tsunami von 2004, die Anschläge auf die Twin Tower in New York 2001 oder überhaupt den Sklavenhandel in der Geschichte der USA maßgeblich verantwortlich machen, wird hier großzügig Platz eingeräumt. Die Codes der Rechtsextremen sind bekannt: Man sagt nicht mehr "die Juden", man warnt vor den Rothschilds, den Zionisten oder den Bilderbergern.

Wer liest so etwas?

"Wer liest so etwas?", mag man sich angesichts der abstrusen Beiträge fragen. Man kann mutmaßen: Freaks oder sogenannte Ewiggestrige gab es immer. Aber die wesentlichere Frage muss lauten: Wer fördert so etwas? Diese Antwort ist nicht schwer: der Koalitionspartner von ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Was die Organisation SOS Mitmensch gemeinsam mit bekannten Historikerinnen am Donnerstag in einer Studie über die Aula (Erhebungszeitraum 2008 bis 2017) auflistete, ist nicht neu und auch nicht überraschend: In rund 130 Inseraten förderten die Spitzen der FPÖ von Heinz-Christian Strache abwärts die oben beschriebene Publikation mit dem muffigen Odeur. Auch Jubelbeiträge und Gratulationen zur "Standhaftigkeit" des Blattes in der Nachkriegszeit, also im freien Österreich, finden sich regelmäßig.

Trotzdem ist es wichtig, dass man sich die Mühe machte, die Unterstützung der FPÖ für ein solches Machwerk minutiös zu dokumentieren. Man wies zwar schon vor der Wahl darauf hin, ebenso wie das Mauthausen-Komitee mit seiner detaillierten Broschüre auf rechtsextreme "Einzelfälle" in der FPÖ, allerdings fand das wenig Widerhall.

Doch niemand kann sagen, das habe man nicht gewusst – wenn bei der nächsten Feier auf einer Bude Nazilieder gesungen werden oder im Keller des nächsten FPÖ-Funktionärs NS-Devotionalien gefunden werden. Vor allem nicht Sebastian Kurz, der mit jugendlichem Schritt in die Fußstapfen des Schweigekanzlers Wolfgang Schüssel tritt. Wie lang soll der Bevölkerung noch zugemutet werden, dass man sich etwa regelmäßig über abgründige Reime aus irgendwelchen Liederbüchern einer rechten Splittergruppe unterhalten muss?

Man muss sich darüber unterhalten, weil Mitglieder dieser Splittergruppen, wenn sie sich nicht gerade gegenseitig die Gesichter blutig schlitzen oder sich zur deutschen Volksgemeinschaft bekennen, die Schaltstellen in der Republik übernehmen. Das kann Kurz nicht schweigend aussitzen. Die künftigen Geschichtsbücher werden nämlich ziemlich sicher nicht von den Pressesprechern der Regierung geschrieben werden. (Colette M. Schmidt, 22.2.2018)