Albert Mertz' Installationen aus Leinwänden lesen sich wie rhythmische Aufführungen.


Foto: Croy Nielsen, Kunstdokumentation.com

Albert Mertz gilt in Dänemark als sogenannter Künstler-Künstler, also als jemand, der von zeitgenössischen Kollegen, aber auch von jenen nachfolgender Generationen besonders wertgeschätzt wird. Ausschlaggebend dafür war seine kritische Haltung gegenüber dem Kunstmarkt und den tradierten Kunstbegriffen, die es zu überwinden galt.

Die Ausstellung bei Croy Nielsen in Wien gibt derzeit eine schöne Vorstellung davon, wie der 1920 Geborene das Tafelbild auseinandernahm: Der Titel Dekonstruktion af maleriets møblement (dt. Dekonstruktion der Ausstattung der Malerei) spielt auf eine erstmals 1974 in Kopenhagen realisierte Rauminstallation an.

Es handelt sich dabei um circa 40 Leinwände, die alle 70 mal 70 Zentimeter messen. Sie hängen an den Wänden und von der Decke herab, liegen auf dem Boden oder lehnen im Türrahmen. Die Installation vermittelt den Eindruck, man befinde sich mitten in einem Bild, und eröffnet gleichzeitig den Blick dahinter: auf den hölzernen Rahmen, die weiße Leinwand und auch auf die rohe, ungrundierte Bildrückseite, die aber nicht nur als "Bagside", sondern auch als "Vorside" beschrieben wird.

Dieser eine, streng konzeptuelle Aspekt erinnert an die Malerei von Zeitgenossen wie Ad Reinhardt oder Daniel Buren. Aber Mertz hat sich für diese spezielle "Aufführung" seiner Arbeit eine spielerische, fast rhythmische Choreografie überlegt: ein serielles Moment, das an Tanzschritte erinnert oder Bildvariationen, die wie bewegte Abfolgen wirken.

Dass filmische Ideen in seinem Werk eine Rolle spielen, spiegelt sich in seiner Biografie: Nach dem Malereistudium an der Royal Danish Academy of Fine Arts experimentierte er zunächst – gemeinsam mit Jørgen Roos – vor allem mit dem Medium Film. Einige seiner frühen Malereien sind unübersehbar von diesen Erfahrungen mit Licht und Bewegung inspiriert. Aber auch Dada, Kurt Schwitters und Kunstströmungen wie der Nouveau Réalisme, später Fluxus, interessierten ihn.

In Frankreich, wo er von 1962 bis 1976 lebte, entstanden die ersten Blue/Red Propositions: reduzierte Experimente mit roter und blauer Farbe, die sämtliche Möglichkeiten des Umgangs mit Farbe auf Leinwand durchspielten. Aus dieser für Mertz bis in die 1980er-Jahre charakteristischen Werkserie zeigt Croy Nielsen auch kleine Formate. Manchmal ist nur der Rahmen mit blauer und roter Farbe bemalt. Bei anderen sind Teile der Leinwand so herausgeschnitten, dass das quadratische Loch von Bild zu Bild zu wandern scheint. Einige der Bilder hängen überhaupt wieder verkehrt herum. Was vorn und hinten ist, stellt Mertz damit genauso zur Disposition wie die auch Frage, wo denn der Unterschied zwischen Objekt und Bild eigentlich ist.

Ohne repräsentativen Ballast

Mertz lieferte dazu auch das theoretische Rüstzeug: "Das Bild repräsentiert nichts außer sich selbst." Oder: "Bedeutung ist nicht das Eigentum von Bildern oder Farben. Farbe ist Farbe. Sie repräsentiert nichts und hat keine symbolische Bedeutung", heißt es in einem seiner oft manifestartig abgefassten Texte.

Diese Tabula rasa, das Abwerfen des repräsentativen Ballasts, hat er konzentriert und systematisch vorangetrieben. Puristisch oder dogmatisch war er dabei nicht: Das verdeutlichen etwa die reduzierten, weißen Leinwände, die einfach mit farbigen Klebstreifen an die Wand gepickt sind. (Christa Benzer, Album, 24.2.2018)