Der Verfassungsgerichtshof ist zwar formal unabhängig, aber seine Zusammensetzung spiegelt stets die politischen Verhältnisse in der Republik wider. Deshalb ist es berechtigt, dass die 26-Prozent-Regierungspartei FPÖ einen Richter bestimmt. Und ihr Kandidat Andreas Hauer ist ein renommierter Rechtsexperte, dem fachlich nichts vorzuwerfen wäre. Dass er oft konservative, ja rechte Positionen vertritt, die bei anderen für Widerspruch sorgen, ist legitim. Und seine Mitgliedschaft in einer schlagenden Burschenschaft ist Privatsache.

Aber der Verfassungsgerichtshof ist eine tragende, ja wahrscheinlich die wichtigste Säule des Rechtsstaates; an der Integrität seiner Mitglieder darf es keine Zweifel geben. Nun ist Hauer auch ein bissiger Polemiker, der nicht nur in öffentlichen Auftritten, sondern auch in seinen Schriften über die Stränge schlägt – etwa wenn er den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht nur sachlich kritisiert, sondern auch als "mitverantwortlich für die multikriminelle Gesellschaft, die sich in den vergangenen Jahrzehnten in Westeuropa etabliert hat", beschimpft. Wer eine weitere Säule der Rechtsstaatlichkeit in diesem Ton verächtlich macht, sollte nicht Verfassungsrichter sein.

Realpolitisch lässt sich Hauer wohl kaum verhindern. Aber die FPÖ täte selbst gut daran, einen anderen konservativen Juristen zu suchen. Auch sie sollte daran interessiert sein, dass man dem Höchstgericht vertraut. (Eric Frey, 26.2.2018)