"Ein Nichtraucherbereich neben einem Raucherraum ist wie ein Pinkelbereich im Pool", sagt Sachverständiger Peter Tappler. Gemeinsam mit dem Mediziner Hans-Peter Hutter hat er untersucht, wie hoch die Feinststaubbelastung in Nichtraucherbereichen ist. Die Werte fallen teilweise sehr kritisch aus.

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Wien – Dass die Stimmung in der Debatte über Raucherbereiche in der Gastronomie aufgeheizt ist, zeigt bereits das Eingangsstatement von Peter Tappler, Sachverständiger für Schadstoffe in Innenräumen: "Wir sind keine militanten Nichtraucher, rauchen ab und an auch mal eine Zigarette." Die Zeitung "Österreich" hatte vor wenigen Tagen ein Foto von Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres, Mitinitiator des Don't-smoke-Volksbegehrens, mit einer Zigarette in der Hand veröffentlicht. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) schrieb dazu auf Facebook: "Wasser predigen und Wein trinken!"

Fakten in der Raucherdebatte

In der am Dienstag von Tappler und Hans-Peter Hutter vorgestellten Untersuchung gehe es um reine Fakten, die Studie sei im November konzipiert worden und deswegen nicht politisch, betonen die beiden. Hutter ist stellvertretender Leiter der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin an der Med-Uni Wien und engagiert sich in der Organisation Ärztinnen und Ärzte für eine gesunde Umwelt. Gute Nachrichten kann der Arzt nicht verkünden: Den Messungen zufolge ist die Feinststaubbelastung in sehr vielen Nichtraucherbereichen von Lokalen ähnlich hoch wie in den Raucherbereichen, selbst wenn es eine Tür dazwischen gibt.

Was sich Mitarbeiter von Tappler und Hutter konkret angesehen haben, sind 72 Lokale im 15. Wiener Gemeindebezirk – darunter Raucherbetriebe, Nichtraucherbetriebe und 28 gemischte Betriebe. Untersucht wurden insbesondere Letztere und dort die drei Säulen des Nichtraucherschutzes: ob die Raucher- und Nichtraucherbereiche sichtbar gekennzeichnet sind, ob es eine räumliche Trennung zwischen den Bereichen gibt und ob man im Nichtraucherbereich vor schädlichen Rauchinhaltsstoffen geschützt ist.

Viele halten gesetzliche Regelungen nicht ein

Nur ein Betrieb der ausgewählten Stichprobe erfüllte alle Vorgaben. Zehn der 28 hatten eine ausreichende räumliche Trennung zwischen den Bereichen, bei zwei Dritteln der Betriebe war wegen fehlender Türen (drei Betriebe) oder ständig offen stehender Türen (15 Betriebe) keine ausreichende Trennung gegeben.

Styria

Wenig überraschend fallen deswegen auch die Messungen von Feinststaub in Nichtraucherbereichen gemischter Lokale kritisch aus: In 26 Betrieben – rund 93 Prozent – gab es eine gesundheitsschädliche Konzentration. Teilweise übersteige die Konzentration jene im Außenbereich – auch an vielbefahrenen Straßen – deutlich, erklärte der Mediziner. Bis zu 110.000 Feinststaubteilchen pro Kubikzentimeter wurden zum Teil gemessen. In einem reinen Nichtraucherlokal liegen die Werte meist unter 5.000 Partikeln pro Kubikzentimeter. Durchschnittlich wurden in den Raucherbereichen etwa 100.000 Teilchen gemessen, in angrenzenden Nichtraucherbereichen 40.000, im Außenbereich ungefähr 10.000.

Wer besonders gefährdet ist

Im Fokus stünden vor allem Nanoteilchen deutlich unter einem Mikrometer Durchmesser, da mit abnehmender Teilchengröße die Gefährlichkeit der Partikel zunehme — sie können tief in die Lunge eindringen. Besonders für Menschen mit Herzkrankheiten, schwangere Frauen und Kinder, aber auch für alle anderen Lokalbesucher und dort arbeitende Personen könne die Inhalation der Partikel im Zusammenspiel mit den vielen anderen Stoffen im Tabakrauch schwerwiegende Folgen haben. "Die hohe Schädlichkeit von Passivrauch ist wissenschaftlich seit Jahren nachgewiesen. Dass die Politik die vielen Forschungsergebnisse nicht berücksichtigt, ist nicht nachvollziehbar und enttäuschend", sagte Hutter.

Die gegenwärtige Gesetzeslage, die die Regierung bekanntlich verlängern will, sei deswegen als unzureichend zu bewerten, sagte Tappler. "Ein Nichtraucherbereich neben einem Raucherraum ist wie ein Pinkelbereich im Pool."

Wie Nichtraucherschutz funktionieren könnte

Adäquater Nichtraucherschutz in gemischten Betrieben sei nur möglich, wenn die Bereiche durch mehr als eine Tür voneinander getrennt seien. Betriebe müssten viel in technische Veränderungen investieren, wollen sie die gesetzlichen Regeln tatsächlich einhalten, meint Tappler. Er nennt etwa starke Belüftungsanlagen, die mit Unterdruck arbeiten und so Partikel nicht in angrenzende Nichtraucherbereiche gelangen können. Was es außerdem brauche, seien stärkere Kontrollen, damit Betriebe bestehende Regelungen nicht weiter ignorieren würden.

Bleibt die Frage, welchen Schluss man von ein paar Betrieben in Rudolfsheim-Fünfhaus auf ganz Österreich ziehen kann. Repräsentativ sei die Untersuchung nicht, sagt Tappler. Aber solche Messungen würde er in Wien seit Jahren – auch mit anderen Partnern – und in mittlerweile sehr vielen Lokalen und Bezirken durchführen. Die Ergebnisse seien überall ähnlich. Im März soll es dazu eine weitere Pressekonferenz mit zusätzlichen Werten der Medizinischen Uni Wien geben. "Wovon wir außerdem ausgehen, ist, dass es im ländlichen Raum noch schlechter aussieht." (Lara Hagen, 27.2.2018)