Berlin – Methadon ist in den vergangenen Jahren immer wieder als möglicher Hoffnungsträger im Kampf gegen Krebs durch die Medien gegeistert. Mehrere Betroffene sprachen von wahren Wundern, nachdem sie mit Methadon behandelt wurden. Eine Datengrundlage aus klinischen Studien gibt es allerdings bislang noch nicht.

Nun sprechen neueste Forschungsergebnisse in der Zellkultur gegen eine Wirkung dieser Substanz bei bösartigen Hirntumoren. Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) stellten auf dem 33. Deutschen Krebskongress in Berlin ihre experimentellen Befunde vor. "Die aktuellen Daten widerlegen die Hypothese, dass Methadon beim Glioblastom die Wirkung einer Chemotherapie in der Zelle verstärkt", kommentiert Uwe Schlegel von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).

Glioblastome zählen zu den Krebserkrankungen mit besonders schlechter Prognose. Spekulationen über den Nutzen von Methadon als begleitende Therapie, welche die Wirkung von Chemotherapeutika beim Glioblastom verstärken soll, haben viele Patienten und Angehörige stark verunsichert. Zahlreiche Patienten fordern Methadon ein, obwohl es keine wissenschaftlich gesicherten Belege für seine Wirksamkeit beim Glioblastom gibt.

Andockstellen für Methadon fehlen

Nun liegen neue Daten aus Zellkulturexperimenten vor, in denen sich das Opioid Methadon als wirkungslos erwies. Für die Studie untersuchten die Forscher im Labor den spezifischen Effekt von Methadon auf Glioblastomzellen. Dafür behandelten sie Zellkulturen des bösartigen Hirntumors – entweder mit dem Chemotherapie-Medikament Temozolomid allein, mit Methadon allein oder mit einer Kombination aus Temozolomid und Methadon.

Unbehandelte Zellkulturen dienten als Kontrolle. "Leider mussten wir feststellen, dass Methadon die Wirksamkeit der Chemotherapie nicht verstärkt. Das Opioid hat keinerlei sensibilisierende Wirkung für die bei Glioblastomen eingesetzte Standardtherapie mit Temozolomid. Auch Methadon allein hat keinen nachweisbaren Effekt auf das Überleben oder Sterben der Krebszellen", erklärt Wolfgang Wick, Direktor der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg.

Die Forscher fanden auch eine mögliche Erklärung für die fehlende Wirksamkeit von Methadon: In der überwiegenden Mehrzahl der Zellen von humanen Glioblastomen fehlte die spezifische Andockstelle, der Opioidrezeptor, für das Medikament. Ohne Andockstelle an der Krebszelle kann Methadon aber keine Anti-Tumor-Wirkung entfalten.

Keine Empfehlung von Methadon

"Opioidrezeptoren sind offenbar recht exklusiv auf spezialisierten Nervenzellen exprimiert", erläutert Schlegel. "In der aktuellen Studie ist mit Zellen gearbeitet worden, die der Situation beim Patienten ähnlich sind", so der Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Bochum weiter. "Sie besitzen ebenso wie reale Glioblastome im Menschen keine Opioidrezeptoren und können leider deshalb gar nicht auf Methadon ansprechen."

Diese neuen Erkenntnisse sprechen gegen einen Einsatz von Methadon als unterstützende Behandlung zur Chemotherapie bei Glioblastom. "Außerhalb von klinischen Studien ist von einer 'supportiven' Methadon-Therapie des Glioblastoms dringend abzuraten", betont Schlegel. Auf die Wirkung von Methadon auf andere Tumoren oder andere Chemotherapien lässt sich aus den Ergebnissen allerdings nicht schließen. (red, 1.3.2018)