Wien – Sogenannte Acidobakterien spielen im Kohlenstoffkreislauf eine wichtige Rolle. Sie sind dafür bekannt, am Anfang der Kohlenstoff-Nahrungskette komplexe Moleküle wie Zellulose abzubauen. Forscher der Uni Wien haben nun gezeigt, dass neu entdeckte Arten dieser Mikroben-Gruppe auch im Schwefelkreislauf eine bisher unterschätzte Funktion haben und dadurch die Bildung des Treibhausgases Methan reduzieren.

Acidobakterien sind eine seit Anfang der 1990er-Jahre bekannte große Gruppe von Mikroorganismen mit zahlreichen Arten, die weltweit vorkommen, sehr häufig in Böden und auch in Mooren. In ihrer aktuellen Studie haben Bela Hausmann und Alexander Loy von der Abteilung für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Uni Wien mit internationalen Kollegen das Mikrobiom, also die Lebensgemeinschaft der Mikroorganismen, in einem Moorgebiet im bayerischen Fichtelgebirge untersucht. "Rund 50 Prozent der gesamten mikrobiellen Population entpuppten sich dabei als Acidobakterien", sagte Loy.

Am Ende der Kohlenstoff-Nahrungskette

Diese Schwefelbakterien nutzen Schwefelverbindungen zur Energiegewinnung, die Wissenschafter nennen das "Sulfatreduktion" bzw. "Sulfatatmung". Bisher sei man davon ausgegangen, dass diese Sulfatreduzierer gemeinsam mit sogenannten methanogenen Archaea am Ende der Kohlenstoff-Nahrungskette stehen und um jene Fermentationsprodukte konkurrieren, die andere Mikroorganismen beim Abbau von komplexen Pflanzenmaterial produzieren. Während die Schwefelbakterien dabei neben Schwefelwasserstoff Kohlendioxid (CO2) bilden, produzieren Archaea das noch wirksamere Treibhausgas Methan.

In der im Fachmagazin "The ISME Journal" veröffentlichten Arbeit zeigten die Wissenschafter, dass sich in den Proben aus dem Moor Acidobakterien finden, die offensichtlich auch Sulfit oder Sulfat veratmen können. Zusammen mit der Fähigkeit, schon viel weiter oben in der Nahrungskette den Kohlenstoff zu nutzen, könnte das den Schwefelbakterien ermöglichen, besonders effektiv mit den Archaea zu konkurrieren und damit die Bildung von Methan zu verringern. Sie können die Methanbilder zwar nicht komplett unterdrücken, ohne diese Prozesse würde aber noch viel mehr Methan gebildet werden, das rund 25-mal so klimawirksam ist wie Kohlendioxid.

Klimahelfer

Moore gelten als Kohlenstoffsenke, haben also große Mengen an Kohlenstoff gebunden. Unklar ist, wie sich die globale Erwärmung darauf auswirken wird. "Vorhersagen deuten darauf hin, dass mehr CO2 und Methan freigesetzt wird, v.a. auch aus den auftauenden Permafrostregionen", so Loy. Jedenfalls wäre es noch mehr Methan, wenn es die sulfatreduzierenden Organismen nicht gäbe, die im Großteil der Klimamodellen noch gar nicht berücksichtigt seien.

In einer zweiten, im gleichen Fachjournal veröffentlichten Arbeit haben die Wissenschafter Genome von Mikroorganismen aus verschiedensten Ökosystemen rekonstruiert und spezifisch nach jenen gesucht, die Markergene für die Sulfatatmung haben. Es zeigte sich, dass die Fähigkeit zur Sulfatatmung in den verschiedenen Mikrobengruppen viel weiter verbreitet ist als bisher bekannt. Ob dieser Stoffwechselweg in der Umwelt tatsächlich beschritten wird, werde sich erst zeigen. (APA, 1.3.2018)