Die ersten Sterne waren regelrechte Giganten mit bis zu mehreren hundert Sonnenmassen.
Illustr.: N.R.Fuller, National Science Foundation

Tempe – In den ersten Jahrmillionen nach dem Urknall war das Universum ein dunkler Ort. Keine Galaxien, keine Sterne, großteils nur neutraler Wasserstoff füllten die Leere. Dann aber begann da und dort die Schwerkraft ihre Wirkung zu entfalten und dichtere Gasregionen kollabierten schließlich zu den ersten Sternen im Kosmos. Wann genau diese mittlerweile wieder ausgestorbene Sternengeneration erstmals erstrahlte, war bisher allerdings umstritten.

Einige Untersuchungen deuteten darauf hin, dass die früheste große Sternentstehungswelle erst ab 550 Millionen Jahre nach dem Big Bang einsetzte. 2016 erspähten jedoch US-Astronomen mit dem Weltraumteleskop Hubble eine Galaxie in 13,4 Milliarden Lichtjahren Entfernung. Daraus schloss man auf ein Alter der Galaxie von nur 400 Millionen Jahren.

Schwaches Signal aus der kosmischen Urzeit

Nun ist es Astronomen gelungen, den Zeitpunkt der ersten Sternengeburten noch ein bedeutendes Stück weiter nach hinten zu verschieben: Eine Gruppe um Judd Bowman von der Arizona State University (Tempe) hat in der kosmischen Hintergrundstrahlung ein äußerst schwaches Wasserstoffsignal aus der Frühzeit des Universums aufgefangen. Die Analysen der Daten ergaben, dass die ersten Sterne etwa 180 Millionen Jahre nach dem Urknall erstrahlten. "Es ist unwahrscheinlich, dass wir noch früher in die Geschichte der Sterne zurückblicken können", erklärt Bowman.

Video: Die Geburt der ersten Sterne.
National Science Foundation

Ihre im Fachjournal "Nature" veröffentlichten Ergebnisse basieren auf dem Umstand, dass Sternenlicht die Temperatur von Wasserstoffgas beeinflusst: Das sichtbare Licht, vor allem aber die starke UV-Strahlung der ersten Sterne veränderte den Energiezustand der Wasserstoffatome in den primordialen Wolken. Während in der sternenlosen Ära davor das Energieniveau des neutralen Wasserstoffs in der kosmischen Hintergrundstrahlung komplett unterging, zwang das erste Sternenlicht das Gas zu einem schwachen aber verräterischen Radiosignal – erkennbar an einer leicht erhöhten Absorption bei einer Wellenlänge von 21 Zentimetern.

Wie ein Flügelschlag im Hurrikan

Die entscheidenden Signale sind allerdings nur sehr schwer einzufangen: "Quellen von Störgeräuschen können zehntausend Mal stärker sein als dieses Signal – es ist ein wenig so, als säße man mitten in einem Hurrikan und würde versuchen, den Flügelschlag eines Kolibris zu hören", erklärt Peter Kurczynski von der US-National Science Foundation die Schwierigkeiten, denen sich das Team gegenüber sah.

Der EDGES-Detektor steht auf dem Gelände des Murchison Radio-astronomy Observatory (MRO) in Westaustralien.
Foto: Arizona State University

Gelungen ist das Wunder schließlich mithilfe eines auf den ersten Blick unspektakulären aber hochempfindlichen Messgerätes, an dem die Wissenschafter mehr als zehn Jahre getüftelt haben. Das "Experiment to Detect Global EoR Signature" (EDGES) ist eine flache Antenne in Form und mit den Ausmaßen eines mittelgroßen Tisches, die in der Wüste Westaustraliens aufgestellt wurde. Der Ort fernab jeglicher Siedlungen gewährleistet, dass keine Störsignale die empfindliche Messung beeinträchtigen.

Der abgelegene Spezialdetektor lieferte schließlich die erhoffte Kurve in den Messwerten. Die Forscher fanden die Senke im Radiowellenspektrum des kosmischen Hintergrunds, die auf eine geringfügig erhöhte Absorption der Strahlung bei einer Frequenz von 78 Megahertz hindeutet. "Das Profil des Signals ist konsistent mit den Erwartungen für das 21-Zentimeter-Signal der frühesten Sterne", meint Judd Bowman. "Die Frequenz entspricht der Zeit von etwa 180 Millionen Jahren nach dem Urknall. Dies ist der früheste direkte Nachweis eines Signals vom primordialen Wasserstoffgas."

Das Universum seit dem Urknall mit aktualisierter Timeline: Die ersten Sterne erstrahlten bereits nach 180 Millionen Jahren.
Illustr.: N.R.Fuller, National Science Foundation

Neue Fragen

Das Ergebnis beantwortet nicht nur die Frage nach der Geburtszeit der ersten Sterne, es wirft freilich auch neue auf: So erwies sich die Senke im Absorptionspektrum beinahe doppelt so tief als es die Modelle vorhersagen würden. Wenn sich diese Daten bestätigen lassen, dann könnte die kosmische Hintergrundstrahlung 180 Millionen Jahre nach dem Urknall entweder viel heißer gewesen sein als gedacht oder aber die frühen Wasserstoffwolken waren fast doppelt so kalt wie bisher angenommen. Dies könnte Einfluss auf die vorherrschenden kosmologischen Modelle haben, so die Forscher. Möglicherweise, meint der Astrophysiker Rennan Barkana von der Universität Tel Aviv, hätte auch Dunkle Materie bei diesem Phänomen die Finger im Spiel. (tberg, 1.3.2018)