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2017 wurden in Afghanistan 9.000 Tonnen Opium produziert.

Foto: AP/Rahmat Gul

Wien – Um Drogenabhängigkeit wirksam zu bekämpfen, brauche es vor allem ausreichend Therapieplätze, sagte Viroj Sumyai, Präsident des in Wien ansässigen Internationalen Suchtstoffkontrollrats (INCB), anlässlich der Präsentation des Jahresberichts der Organisation.

Das soziale Stigma, das Drogenabhängigen anhafte, stelle ein wesentliches Hindernis beim Clean-Werden dar. Die Therapie, um von der Drogensucht loszukommen, sollte laut INCB als Teil des Menschenrechts auf Gesundheit wahrgenommen werden.

Hinzu komme, dass eine Therapie für die Gesellschaft insgesamt "kosteneffektiv" sei, so Sumyai. Besonders zugehen müsse man auf Gruppen am Rande der Gesellschaft, etwa Flüchtlinge, Prostituierte oder Gefängnisinsassen. Derzeit hat nur einer von sechs Drogenabhängigen Zugang zur Behandlung.

Globale "Schmerzkluft"

Was die Verfügbarkeit von Opioiden angeht, macht der INCB eine globale "Schmerzkluft" aus: Die einen haben zu wenig, die anderen zu viel davon. So fehlt in einkommensschwachen Ländern ein ausreichendes Angebot an bestimmten Schmerzmitteln wie Morphin, um etwa eine Heroinabhängigkeit mit Ersatzmedikamentation behandeln zu können.

In einkommensstarken Ländern wird hingegen eine Opioidepidemie verzeichnet, ausgelöst vor allem durch laxe Verschreibungsmethoden, aggressives Marketing und fehlende Kontrolle. Für viele Patienten ist die Abhängigkeit von Schmerzmitteln ein Einfallstor für Heroin, welches dann als Ersatz konsumiert wird, wenn die Schmerzmittel nicht mehr verfügbar sind.

Vor allem Nordamerika hat mit einer stark steigenden Anzahl an Opioidüberdosen zu kämpfen. 2016 starben allein in den USA 64.000 Menschen an einer Überdosis. Zurückzuführen ist das vor allem auf eine hohe Zahl an verunreinigten Substanzen mit einer tödlichen Dosis des Stoffs Fentanyl, der als billige Heroinvariante in Umlauf gebracht wird.

In Süden und Osten Asiens ist eine stärkere Verbreitung von Methamphetaminen zu beobachten. In Südamerika steigt die Coca-Kultivierung wieder an.

Beliebtes Cannabis

Innerhalb der Europäischen Union ist Drogenschmuggel diejenige kriminelle Aktivität, die am meisten Profit erzielt: 24 Milliarden Euro werden damit jährlich lukriert, über eine Million Sicherstellungen wurden verzeichnet. Zu 71 Prozent handelte es sich um Cannabis, gefolgt von Kokain (9 Prozent) und Amphetaminen sowie Heroin (jeweils fünf Prozent), acht Prozent entfielen auf andere Substanzen.

Geschätzt wird, dass 93 Millionen EU-Bürger zwischen 15 und 64 Jahren in der EU bereits einmal illegale Substanzen konsumiert haben. Cannabis bleibt dabei die beliebteste Droge und wird von einem Prozent täglich oder fast täglich konsumiert.

Die politische Entwicklung, dass immer mehr Staaten erwägen oder dazu übergehen, den Konsum von Cannabis straffrei zu stellen, sieht der Drogenkontrollrat kritisch: Die Verwendung von kontrollierten Substanzen für medizinische und wissenschaftliche Zwecke zu limitieren sei ein Grundprinzip der internationalen Drogenkontrollabkommen, deren Einhaltung der INCB überwacht. Eine Ausnahme sei nicht möglich.

Von Afghanistan nach Europa

Zum dritten Mal in Folge wurde auch in Europa ein Anstieg von Herointoten registriert. Die "Balkanroute" bleibt der dominierende Drogenkorridor in Osteuropa. "Das wird so lange der Fall sein, bis in Afghanistan weniger Opium produziert wird", sagte INCB-Präsident Sumyai. Seit 2016 nahmen dort die Anbauflächen um 63 Prozent zu, die Opiumproduktion stieg 2017 dementsprechend stark – um 87 Prozent.

Die internationale Staatengemeinschaft sei dringend aufgefordert, das Land zu unterstützen, um die Opiumproduktion, die im Vorjahr auf einen Rekordwert von 9.000 Tonnen stieg, in den Griff zu kriegen. (Vanessa Gaigg, 1.3.2018)