"Guten Morgen. Ich danke für die Gelegenheit, den Österreicherinnen und Österreichern das zu sagen. Ich werde hier niemand anpatzen. Es ist Zeit für Neues. Der Koalitionspartner hatte diesen Wunsch. Die Balkanroute ist geschlossen. Danke. #AnswerLikeKurz".

Dies ist der Beitrag des erfahrenen, eher bürgerlichen innenpolitischen Journalisten Christoph Kotanko (OÖ Nachrichten, früher Chefredakteur des Kurier) auf Twitter zu der sich explosionsartig ausbreitenden Twitter-Satire-Seite "AnswerLikeKurz" (Antworten wie Kurz).

Oder der User "Human V" – Kurz wird bei McDonald's gefragt: "Einpacken oder hier essen?", und antwortet: "Ich glaube, die Menschen haben das gegenseitige Anpatzen beim Essen satt und wünschen sich einen völlig neuen Stil der Nahrungszufuhr".

Auslöser war das Herumreden des Bundeskanzlers in seiner ersten parlamentarischen Fragestunde, wo vor allem sein Herumschwurbeln zum Thema Rauchverbotsaufhebung den Zorn der Opposition erregte. Matthias Strolz von den Neos setzte diesen Tweet ab: "Die Menschen spüren zunehmend, dass der Schön-Sprech von Sebastian Kurz zwar professionell ist, aber leer."

So reden Kurz – und die meisten seiner Minister/Mitarbeiter, die durch dasselbe Coaching gegangen sind: zuerst mit einer höflichen Einstimmung gute Atmosphäre schaffen und dem Zuhörer signalisieren, dass hier ein "neuer Stil" herrscht, dann pseudo-grundsätzlich über ein Thema herumschwafeln und zum Schluss den Standardsatz anbringen, mit dem immer und immer wieder die gleiche Message (Botschaft) hinausgespielt wird.

Bei Kurz lautet das bei EU-Themen so:

"Die EU soll sich um die größeren Themen kümmern und die kleineren den einzelnen Ländern überlassen."

Oder schlicht: "Die EU muss ihre Außengrenzen schützen."

Und natürlich: "Wir haben die Balkanroute geschlossen" und "Wir müssen die Mittelmeerroute schließen".

Zur Außenpolitik: "Ohne Russland ist ein Friede in Europa nicht möglich."

Zur Wirtschaftspolitik: "Es braucht einen schlankeren Staat" und "Diejenigen, die arbeiten, müssen entlastet werden".

Das ist eine Technik, die zunächst durchaus wirkungsvoll war und vermutlich vorläufig nur dem politisch interessierten Publikum auffällt. "Leer", wie Strolz meint, ist das eher nicht. Kurz und seine junge neokonservative Truppe haben mit Sicherheit eine Agenda dahinter. Etwa eine gewisse Renationalisierung in der EU oder eine Begünstigung "für die, die arbeiten". Die aus irgendwelchen Gründen keine Arbeit haben, kommen nicht vor – oder als "Durchschummler".

Das ist ein neokonservatives Programm (das zum Teil an die britischen Tories angelehnt ist). Viele Bürgerliche können da bisher mit. Kurz bietet auch unzweifelhaft das akzeptablere Gesicht des Rechtspopulismus. Was aber fehlt, ist wirkliche Überzeugungskraft, wirkliches Argumentieren, ein ausformuliertes Konzept. Aber die größte Veränderung ist derzeit, dass der Kanzler gegen Spott nicht mehr immun ist. (Hans Rauscher, 2.3.2018)