Die Gleichzeitigkeit war Zufall -- oder auch nicht: Am selben Tag erklärten US-Präsident Donald Trump und der russische Staatschef Wladimir Putin dem Rest der Welt den Krieg. Es ist kein heißer Krieg, und er wird zunächst auch keine Opfer fordern. Zielscheibe beider ist die nach 1945 geschaffene Weltordnung, die nach 1989 auch auf die exkommunistischen Staaten ausgedehnt wurde. Doch bricht diese zusammen, wird der Preis sehr hoch sein.

Trumps Ankündigung von Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte hat selbst seine Berater überrascht, von denen ihm viele bis zuletzt davon abgeraten hatten. Ob die Maßnahmen kommende Woche tatsächlich umgesetzt werden, weiß im Chaos des Weißen Hauses niemand. Die direkten finanziellen Folgen für die US-Handelspartner wären auch dann überschaubar; stärker betroffen wäre die metallverarbeitende Industrie in den USA, wo zahlreiche Jobs verlorengingen, und die US-Verbraucher, die höhere Preise bezahlen müssten.

Aber der größte Leidtragende ist die Welthandelsorganisation WTO, die Trump mit Hass und Zorn verfolgt. Er hält nichts von internationalen Regeln, denen auch die Supermacht USA verpflichtet ist. Washington blockiert derzeit die Ernennung von Richtern, die Handelsdispute beilegen sollen. Trump sucht bewusst den Handelskrieg, den er glaubt gewinnen zu können. Das Credo der WTO und der EU, wonach vom Handel alle Seiten profitieren und Protektionismus nur Verlierer hervorbringt, passt nicht in Trumps Weltsicht.

Deshalb wäre es umso wichtiger, dass Europa und China nun nicht mit Gleichem antworten, sondern den Weg der Klage vor WTO-Schiedsgerichten beschreiten und darauf warten, dort recht zu bekommen. Sonst kommt es genau zu jener unkontrollierten Eskalation protektionistischer Maßnahmen, von der Trump offenbar träumt. Diese Geduld sollte auch Bundeskanzler Sebastian Kurz an den Tag legen. Mit seiner Forderung von "harten Gegenmaßnahmen" geht er letztlich Trump in die Falle.

Für die Herausforderung aus Moskau gibt es hingegen keine Schiedsstelle. Putins Atomwaffenshow war wahrscheinlich bloß das: eine Show. Denn ob Russland mit seinem technologischen Rückstand diese neuen Waffen überhaupt entwickeln kann, ist unklar. Putin will hier vor der Präsidentenwahl Stärke zeigen und reagiert auf die Aufrüstungspläne aus Washington, wo Trump nicht jenes Wohlwollen liefern kann, das sich sein Wahlkampfhelfer Putin von ihm versprochen hat. Auch Trumps Handelskriegsrhetorik hat eine starke innenpolitische Note: Je mehr er durch Robert Muellers Russland-Untersuchungen unter Druck gerät, desto wichtiger sind ihm die Wünsche seiner Basis.

Putins weitere Absicht aber ist klar: mit Drohungen und Waffen einen Keil zwischen Europa und die USA zu treiben und die Welt zu einer Arena der Macht und der Mächtigen zu verwandeln. Hier tickt er ähnlich wie sein Pendant im Weißen Haus.

Ob dieses Denken weiter um sich greift, hängt vor allem von China ab, dem großen Nutznießer der westlichen Weltordnung. Doch auch dort geht es durch den Wechsel von einer kollektiven Führung zur Einmannherrschaft in eine bedrohliche Richtung: Auch Präsident Xi Jinping hält mehr von Säbelrasseln als von diplomatischen Kompromissen. Der EU, dem letzten Hort der überstaatlichen Kooperation, stehen harte Zeiten bevor. (Eric Frey, 2.3.2018)