1948 exportierte US-Autobauer Ford seine Wagen aus einer englischen Fabrik in die USA.

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Wien – Mehr als 1.000 Ökonomen unterschrieben eine Petition, um den US-Präsidenten davon abzuhalten, umfangreiche Handelsschranken einzuführen. Ihr Bemühen war vergebens. Präsident Herbert Hoover unterzeichnete den im Jahr 1930 nach zwei Abgeordneten benannten "Smoot-Hawley Tariff Act" und erhöhte damit rund 900 Zölle. Die Reaktion der Handelspartner ließ nicht lange auf sich warten, und einer der berüchtigtsten Handelskriege goss Öl ins Feuer der großen Depression.

Auch heute besteht eine breite Front von Ökonomen gegen die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Strafzölle auf Stahl und Aluminium. Vom linken Spektrum, wie Nobelpreisträger Paul Krugman, bis zu Trumps eigenem Wirtschaftsberater, dem Ex-Banker Gary Cohn, kam Kritik. Das schade den Konsumenten im Inland und könnte international Gegenmaßnahmen auslösen.

Transatlantische Eskalation

Trump hatte offiziell die "nationale Sicherheit" als Vorwand für die Einfuhrbeschränkungen angeführt. In einer Reaktion auf den US-Protektionismus eskalierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, indem er symbolträchtige Produkte aus Amerika ins Visier nahm: Europa könne mit Zöllen auf Whiskey, Jeans und Motorrädern antworten.

Prompt reagierte Trump am Wochenende: Wenn die EU ihre "bereits massiven" Zölle für US-Firmen weiter anhebt, dann "werden wir einfach eine Steuer auf ihre Fahrzeuge erheben, die frei in unser Land strömen". Das alarmierte vor allem die deutsche Autoindustrie. Der Autobauer-Branchenverband VDA warnte am Sonntag eindringlich vor einer Zuspitzung des Konflikts. Die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) erklärte: "Präsident Trump will ein Spiel spielen, das niemand gewinnen kann."

"Einfach zu gewinnen"

Ob Trump das auch so sieht, bleibt zu bezweifeln. Dass derzeit der US-Zoll auf Autos bei 2,5 Prozent liegt, während die EU zehn Prozent einhebt, gibt Washington Spielraum. Trump habe bereits mit einigen Staats- und Regierungschefs über seine Pläne gesprochen, sagte US-Handelsminister Wilbur Ross dem Sender ABC. "Ich habe von ihm bisher nichts gehört, was auf irgendwelche Ausnahmen hindeutet." Auf Twitter sprach er bereits offen von einem "Handelskrieg", und dass dieser "einfach zu gewinnen" sei.

Dagegen spricht jedoch einiges:

  • Rundumschlag: Offizielles Ziel der US-Strafzölle ist die chinesische Metallindustrie. Sie flute den Markt mit Dumpingpreisen, lautet die Kritik. Peking ließ die Kampfansage Trumps nicht auf sich sitzen: Wenn die USA chinesischen Interessen schadeten, "werden wir nicht tatenlos zusehen, sondern notwendige Maßnahmen ergreifen", sagte Vizeaußenminister Zhang Yesui am Wochenende. Allerdings wären chinesische Exporteure nicht die Hauptleidtragenden. Die USA beziehen mehr als 90 Prozent ihres Stahls aus anderen Ländern. Die breit angesetzten Zölle treffen daher vor allem Länder wie Kanada, Brasilien und Mexiko sowie die EU. Trumps Rundumschlag macht Gegenmaßnahmen somit wahrscheinlicher.

  • Anachronismus: Globalisierung ermöglicht multinationalen Konzernen, ihre Produktionsketten über viele Grenzen hinweg zusammenzuhängen. Handelsbeschränkungen für Autos und Stahl würden etwa die deutschen Autobauer auf beiden Seiten des Atlantiks treffen. Fahrzeugzölle würden die VW-Töchter Audi und Porsche stärker treffen, die anders als die VW-Kernmarke, BMW oder Daimler keine eigenen Werke in den USA betreiben. Zölle auf ihre Rohstoffe Aluminium und Stahl treffen wiederum die in den USA produzierenden Firmen. In beiden Fällen sind US-Bürger betroffen, entweder als Angestellte oder als Konsumenten, deren Autos, Bier(-Dosen) und Waschmaschinen teurer werden. Der schwedische Elektrowarenhersteller Electrolux hat bereits angekündigt, geplante Investitionen von 250 Millionen Dollar in eine Fabrik in Tennessee anzuhalten, um den Effekt der Stahlzölle zu evaluieren. Sie würden Konkurrenten aus Übersee einen erheblichen Kostenvorteil bringen.

  • Preisspirale: Sollte der Handelsstreit tatsächlich eskalieren, befürchten Ökonomen wie Krugman einen volkswirtschaftlichen Dominoeffekt, selbst wenn Trumps Ziele, das US-Handelsdefizit zu reduzieren, aufgehen. In der aktuell robusten Konjunktur mit geringer Arbeitslosigkeit würden neben den Zöllen auch die erhöhte Nachfrage nach inländischen Produkten Druck auf Löhne und damit auf Preise ausüben. Darauf müsse die Notenbank mit Zinserhöhungen reagieren, die wiederum den Dollar verteuern. Das schade dem Exportsektor und das Handelsdefizit würde steigen.

    Krugmans Diagnose zeigt vor allem, wie vertrackt eine scheinbar simple Maßnahme der Handelspolitik ist. Um einen Handelskrieg zu gewinnen, reicht es eben nicht, das größte Arsenal zu haben. (Leopold Stefan, 5.3.2018)