Ägypten ist die erste Station auf der ersten Auslandsreise von Mohammed bin Salman als Kronprinz. Damit bestätigt er die Rolle Kairos als wichtiger strategischer Partner.

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Kairo/Wien – Es ist sich knapp ausgegangen: Am Samstag verwarf der Oberste Verfassungsgerichtshof in Kairo alle Richtersprüche, die die Übergabe der Inseln Tiran und Sanafir an Saudi-Arabien infrage gestellt hatten. Und am Sonntag traf der saudische Königssohn Mohammed bin Salman zum dreitägigen Staatsbesuch in Ägypten ein. Es ist die erste offizielle Auslandsreise von MbS, wie er genannt wird, als Kronprinz. MbS' nächste Ziele sind Großbritannien und die USA.

Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi braucht zwar keinen Wahlhelfer für die Präsidentschaftswahlen Ende März, denn es gibt keinen ernsthaften Gegenkandidaten. Aber der Besuch ist eine Bestätigung für die strategische Bedeutung Ägyptens, das durch die lange Agonie der Mubarak-Herrschaft vor 2011 und die unruhigen Zeiten danach seine führende Rolle in der arabischen Welt eingebüßt hat. Diese Rolle reklamiert nun Saudi-Arabien für sich.

Die umstrittene Rückgabe der Inseln Tiran und Sanafir im Roten Meer wurde bereits im April 2016 beim Besuch von König Salman in Ägypten festgelegt. Im Juni 2017 winkte Ägyptens Parlament die Entscheidung durch. Damit wurde der Rechtsmeinung stattgegeben, dass die Inseln an der Straße von Tiran zum Golf von Aqaba – deren Sperre durch Ägypten 1967 für Israel der Anlass für den Sechstagekrieg war – von Ägypten seit 1950 lediglich verwaltet wurden. Diese Ansicht teilen die meisten internationalen Juristen.

Vergebliche Klagen

Für manche Ägypter und Ägypterinnen stellt sich die Bestätigung der saudischen Souveränität angesichts der finanziellen saudischen Zuwendungen an Ägypten dennoch als "Ausverkauf" dar. Riad unterstützt Ägypten seit dem Sturz des Muslimbruderpräsidenten Mohammed Morsi im Sommer 2013 massiv.

Auch der Anwalt Khaled Ali – der eigentlich bei den Wahlen gegen Sisi antreten wollte, aber im Jänner aufgab – hatte eine Klage eingebracht. Die rechtlichen Möglichkeiten der Gegner sind auch jetzt noch nicht völlig erschöpft, rein theoretisch natürlich. Denn Sisi hat die Debatte über die Inseln bereits für beendet erklärt.

Saudi-Arabien bekommt aber noch ein Stückchen Land von Ägypten, wenngleich nur langfristig geleast: 1000 km² auf dem südlichen Sinai sollen Teil des saudischen Großprojektes "Neom" werden, zu dem neben Ägypten auch Jordanien eingeladen ist. Saudi-Arabien lässt für die ägyptische Beteiligung 16 Milliarden Dollar in einen Investmentfonds fließen, es gibt gemeinsame Elektrizitäts- und Tourismusprojekte, nicht zu vergessen die Brücke, die Saudi-Arabien und Ägypten über die Insel Tiran verbinden soll.

Ägyptische Salafisten

Dass Riad und Kairo näher zusammenrücken, missfällt jenen Ägyptern, die nicht so recht an die gesellschaftliche und wirtschaftliche Modernisierung des wahhabitischen Königreichs glauben wollen. Anhänger eines zivilen Staats fürchten nicht nur die Muslimbrüder, sondern auch die Salafisten, die jahrelang von Saudi-Arabien unterstützt wurden.

Ägypten ist strategischer Partner Saudi-Arabiens in vielen Belangen: Kairo ist bei den harten Maßnahmen gegen das Muslimbrüder-freundliche Katar dabei, auch bei der Forderung an Teheran, sich nicht in arabischen Ländern einzumischen. Aber beim Krieg gegen die Iran-unterstützten Huthis im Jemen, den Mohammed bin Salman als Verteidigungsminister verantwortet, blieb die ägyptische militärische Unterstützung hinter den Erwartungen zurück – wobei Ägypten ja seinen eigenen Krieg auf dem Sinai und in Westägypten an der libyschen Grenze führt. Die größten Positionsunterschiede der beiden Länder bestehen zu Syrien, wo Ägypten, anders als Saudi-Arabien, nie den sofortigen Abgang von Bashar al-Assad verlangt hat.

Ägypten kennt ein Land in der Region viel besser, für das sich die Saudis stark interessieren: Israel. Allerdings basiert die ägyptisch-israelische Sicherheitszusammenarbeit nicht auf der gemeinsamen Gegnerschaft zum Iran, die Riad und Jerusalem zusammenbringt, sondern auf dem Interesse, Extremisten im Gazastreifen und auf dem Sinai einzudämmen. (Gudrun Harrer, 5.3.2018)