Das gesamte Gründungsrecht der GmbH sollte daher überarbeitet und dogmatisch sauber und systematisch kohärent neu gefasst werden.

Illustration: Davor Markovic

Im Regierungsprogramm wird ein modernes, nationalen und internationalen Erfordernissen entsprechendes Unternehmensrecht als Voraussetzung für die Sicherung des Wirtschaftsstandorts Österreich erkannt. Daher sollen bestehende Gesetze laufend auf ihre Effizienz und Praktikabilität unter Berücksichtigung von Gläubigerinteressen evaluiert werden, um Unternehmen nach ihrer jeweiligen Eigentümerstruktur möglichst passende gesellschaftsrechtliche Strukturen anzubieten.

Im Aktienrecht steht die Umsetzung der Aktionärsrechte-Richtlinie bevor, das Genossenschaftsrecht soll modernisiert werden, bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) erwähnt das Regierungsprogramm nur den weiteren Ausbau der Onlinegründung ausdrücklich.

Die Rechtsform der GmbH ist ein Erfolgsmodell. Im österreichischen Firmenbuch sind etwa 150.000 GmbHs eingetragen, und jedes Jahr kommen mehrere Tausend neue GmbHs dazu. Zum Vergleich: Die Anzahl der im österreichischen Firmenbuch eingetragenen Aktiengesellschaften beträgt etwa 1400, der Offenen Gesellschaften rund 20.000, der Kommanditgesellschaften rund 44.000.

Bei vielen Kommanditgesellschaften sind GmbHs der einzige eingetragene unbeschränkt haftende Gesellschafter. Wenn internationale Investoren eine Betriebsansiedlung in Österreich gründen, wird als Rechtsform dafür fast immer eine GmbH verwendet. Wozu braucht es denn dann eine Reform?

Neufassung

Auf EU-Ebene ist das GmbH-Recht nur in wenigen Einzelbereichen harmonisiert, der europäische Gesetzgeber überlässt die Regelung der GmbH bewusst weitgehend dem nationalen Gesetzgeber. Diese Chance sollte der österreichische Gesetzgeber nutzen. Die Vorschriften über die Gründung einer GmbH gehören überarbeitet, um ein praktikables und in sich schlüssiges Gründungsrecht zu haben.

Die 2014 eingeführte Gründungsprivilegierung (§ 10b GmbHG) mit der Möglichkeit der GmbH-Gründung mit einer Stammeinlage von bloß 10.000 Euro (anstatt 35.000 Euro) unter Befristung der Privilegierung mit zehn Jahren ab Eintragung der Gesellschaft ist eine punktuelle Maßnahme, deren Praxistauglichkeit sich erst erweisen muss. Die seit Anfang 2018 bestehende Möglichkeit der vereinfachten GmbH-Gründung ohne Notariatsakt (§ 9a GmbHG) ist aufgrund der vielfältigen Einschränkungen – so darf nur ein Gesellschafter sein und nur dieser Gesellschafter darf Geschäftsführer sein – auch nur weiteres Flickwerk und wenig praxistauglich.

Das gesamte Gründungsrecht der GmbH sollte daher überarbeitet und dogmatisch sauber und systematisch kohärent neu gefasst werden. Dazu gehört auch die ausdrückliche gesetzliche Regelung des von der Judikatur aus Deutschland übernommenen Instituts der verdeckten Sacheinlage samt angemessener Vorschriften über deren Heilung.

In der Praxis zeigt sich, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Gesellschafterversammlung und die Fassung von Gesellschafterbeschlüssen im Sinne des Minderheitenschutzes verbesserungswürdig sind. Der Leiter der Gesellschafterversammlung muss einem klaren Neutralitätsgebot unterliegen, und eine Verletzung des Neutralitätsgebots bedarf einer effektiven Sanktionierung.

Das Gesetz sollte auch ausdrücklich die Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen bei schwerwiegenden Mängeln regeln, um die seit langem bestehende Divergenz zwischen der herrschenden Lehre, die für eine analoge Anwendung der aktienrechtlichen Nichtigkeitsgründe plädiert, und der Judikatur, die dies ablehnt und stattdessen das Institut der Scheinbeschlüsse entwickelt hat, gesetzlich aufzulösen und Rechtssicherheit schaffen.

Flexibel wie in Deutschland

Beim Recht der Kapitalerhaltung hat sich das Verbot der Einlagenrückgewähr in der Judikatur zum GmbH-Recht inzwischen zum Dauerbrenner entwickelt. Es wäre schon überlegenswert, ob dieses strenge Konzept der Kapitalerhaltung für das gesamte Vermögen der Gesellschaft angemessen ist.

Sollte nicht ähnlich wie in Deutschland eine Flexibilisierung der Verwendung des Vermögens zugelassen werden, wenn beispielsweise das gebundene Kapital gesichert ist? Ebenfalls überlegenswert ist die Sanktion der absoluten Nichtigkeit bei Verstößen gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr, wird doch in vielen Fällen der Gläubigerschutz durch eine Teilnichtigkeit oder Anpassungsmöglichkeit ebenso ausreichend gewährleistet.

In diesem Zusammenhang wäre auch die strafrechtliche Subsumtion der verbotenen Einlagenrückgewähr unter den Untreuetatbestand des § 153 StGB zu evaluieren, gibt es doch mit den §§ 156 bis 159 StGB ausdrückliche und genau dafür gedachte Bestimmungen zum Schutz der Gläubiger gegen unzulässige Vermögensverschiebungen.

Ebenso reformbedürftig ist das strenge Verbot des Erwerbs eigener Anteile durch die GmbH, das sogar über das aktienrechtliche Verbot des Erwerbs eigener Anteile hinausgeht. Gerade zur Förderung von Start-ups und Venture-Capital-Beteiligungen bedarf es hier einer Flexibilisierung, um die Hereinnahme von Investoren zu erleichtern.

Konzerninteressen

Ein gesellschaftsrechtliches Konzernrecht wie in Deutschland gibt es in Österreich nicht. Das österreichische Gesellschaftsrecht schaut daher in der Regel auf die einzelne Gesellschaft, was jedoch dem modernen Wirtschaftsleben sowohl bei österreichischen wie auch bei internationalen Konzernen mit Tochtergesellschaften im Inland schon lange nicht mehr gerecht wird.

Wenn schon der große Wurf eines Konzernrechts weiterhin nicht angegangen wird, so sollte doch für bei Konzernen regelmäßig vorkommende Themen wie beispielsweise zentrale Liquiditätssteuerung (Cash-Pooling) geprüft werden, ob nicht bedachtsam durch Einführung von Vorschriften in das GmbH-Recht auch ein rechtssicherer Rahmen für die Teilnahme österreichischer GmbHs an konzernweiten Cash-Poolings möglich ist.

Gleiches gilt für Konzernfinanzierungen, wobei der Reformbedarf nicht nur im GmbH-Recht, sondern auch in anderen Regulierungen besteht. Weshalb gibt es keine klare Konzernausnahme vom Erfordernis einer Bankkonzession für Konzernfinanzierungen?

Das GmbH-Gesetz ist über 120 Jahre alt, in dieser Zeit hat es einiges an Reformen gegeben, aber nun wäre es an der Zeit für eine gut vorbereitete und vom politischen Alltag losgelöste Gesamtreform. Deren Ziel sollte unter Berücksichtigung des Schutzes der Gläubiger und des Rechtsverkehrs eine angemessene Fortentwicklung zur Erhöhung der Rechtssicherheit, die Beseitigung veralteter Vorschriften und die Anpassung an die Gegebenheiten des modernen Wirtschaftslebens sein. Dann wird die GmbH weiterhin ein Erfolgsmodell bleiben. (Markus Heidinger, 17.3.2018)