Tunnelbauten lässt sich Verkehrsminister Hofer nicht madig machen. Äußerungen von Verkehrsexperten, die zum Stopp raten, weist er als "größtmöglichen Unsinn" zurück.

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Wien – Von den großen Herausforderungen der Liberalisierung für die ÖBB, mit denen Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) die überfallsartige Abberufung des ÖBB-Holding-Aufsichtsrats begründet hatte, war am Dienstag keine Rede mehr. "Alle Maßnahmen sind gesetzt, es gibt keinen Bedarf an Reformmaßnahmen. Es geht nur mehr um Investitionen", beschied Hofer bei Vorlage des diesjährigen ÖBB-Bauprogramms über 2,3 Milliarden Euro.

Bis auf "Sondierungen" für eine neue Hochleistungsstrecke östlich von Wien, die sogenannte Flughafenspange von Schwechat ins östliche Niederösterreich und Nordburgenland nach Bratislava, sind alle Bauprojekte auf Schiene: Semmeringbasistunnel, Koralmbahn samt -tunnel, Pottendorfer Linie, Brennerbasistunnel samt Nordzulauf, Güterzentrum Wolfurt und der "Marchegger Ast" über Wien-Stadlau und Aspern nach Bratislava – um die wichtigsten Projekte zu nennen.

Bahnhofsumbauten

Hinzu kommen Bahnhofsumbauten in Parndorf-Ort, Kritzendorf, Tulln, Braunau/Inn, Wernstein (Richtung Passau), Langenwang, Frohnleiten, Scheifling, Pörtschach, Kitzbühel, Matrei, Seefeld, Telfs-Pfaffenhofen, Lustenau und Rankweil sowie Park-&-Anlagen in Tullnerfeld und Wels.

Weitergeführt (von Schwechat über Bruck/Leitha bis Bratislava) werden soll nicht nur die bereits seinerzeit beim Ausbau als Hochleistungsstrecke gewidmete Flughafenschnellbahn (S7), sondern auch die Nordbahn bis zur Staatsgrenze. Sofern das Projekt je verwirklicht wird, wäre dann ein 15-Minuten-Takt zwischen Wien und Gänserndorf machbar. Auf der bestehenden Strecke steht einer Taktverdichtung bis dato der Flughafenschnellzug Cat im Wege. Aber der Ausbau ist ohnehin Zukunftsmusik, allein für Trassenplanung und Genehmigungsverfahren sind zehn Jahre zu veranschlagen. Ob die budgetäre Bedeckung dann noch gegeben ist, bleibt freilich abzuwarten.

Denn mit dem Bauvolumen steigt auch der Bedarf an Zuschüssen für die von der ÖBB (im Wege der Bundesfinanzierungsagentur) aufgenommenen Milliarden. 2016 betrug die ÖBB-Finanzverschuldung fast 23 Milliarden Euro – Tendenz steigend: Die Bahn investiert bis 2022 weitere 13 Milliarden. Die Annuitätenzuschüsse (um Kredite, Anleihen und Zinsen zu bedienen) steigen pro Jahr im Schnitt um 9,2 Prozent von 786 Millionen Euro im Jahr 2017 auf 1,22 Milliarden Euro im Jahr 2022.

Kein Stopp bei Tunnelprojekten

Wiewohl der budgetäre Spielraum dadurch ständig sinkt und das Bahngütervolumen über die Alpenpässe kaum steigt (über den Semmering ging es 2015 gar um 4,1 Prozent zurück): Überdenken will der Verkehrsminister das Bauprogramm nicht. "Ein Stopp der Tunnelprojekte wäre der größte anzunehmende Unsinn", sagte Hofer. Denn auf den Straßen werde es in den nächsten zwanzig, dreißig Jahren immer enger, daher brauche man die Bahn. Die Europabrücke in Tirol müsse schließlich auch einmal saniert werden. Der nächste Transit-Aufschrei ist übrigens programmiert: Die Brennerbahn wird im Sommer wegen des BBT bei Innsbruck-Süd gesperrt. (ung, 6.3.2018)