Der Kronprinz von Abu Dhabi, Mohammed bin Zayed Al Nahyan. Er gilt als der Motor für die neue Außenpolitik der Vereinigten Arabischen Emirate, die bis ins Weiße Haus reicht.

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Washington / Abu Dhabi / Wien – Über das überraschende Nebengleis in den Ermittlungen von Robert S. Mueller III, der die Beziehung zwischen Russland und dem Wahlkampf von US-Präsident Donald Trump zu ergründen sucht, berichtete am Wochenende die "New York Times": Auf Muellers Liste stehe auch der libanesisch-amerikanische Geschäftsmann George Nader, eine schillernde Figur, dessen Kontakte in die arabische Welt oft auch eine politische Komponente haben. Für den Sonderermittler Mueller ist Nader in seiner derzeitigen Rolle als Berater des Kronprinzen von Abu Dhabi, Mohammed bin Zayed Al Nahyan, interessant.

Mohammed bin Zayed, der in wenigen Tagen 57 Jahre alt wird, gilt als der starke Mann der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), deren politisches Zentrum Abu Dhabi ist. Sein Bruder, der Emir, ist kränklich. MbZ, wie er analog zum saudischen Kronprinzen MbS (Mohammed bin Salman) allgemein genannt wird, ist für die neue, proaktive – man könnte auch sagen: aggressive – emiratische Außenpolitik verantwortlich. Und laut NYT hat Sonderermittler Mueller den Verdacht, dass die VAE bereit waren, Geld dafür fließen zu lassen, dass diese Politik im Weißen Haus Unterstützung findet.

Die VAE, deren Botschafter Yousef al-Otaiba als einer der mächtigsten Diplomaten in Washington gilt, sollen auch dafür gesorgt haben, dass die USA den Aufstieg von MbS zum Kronprinzen Saudi-Arabiens mit Wohlwollen aufnahmen: Die Amerikaner hatten ja auf MbS' Cousin Mohammed bin Nayef gesetzt, mit dem Washington jahrelang im "war on terror" zusammengearbeitet hatte. MbS sorgte dafür, dass sein Cousin im Juni 2017 als Kronprinz zurücktrat und nahm selbst dessen Stelle ein. Der saudische Königssohn wird am 19. März in Washington erwartet, es ist sein erster US-Besuch als Kronprinz. Auch für ihn ist der Verdacht gegen die VAE unangenehm.

Ansprechpartner Jared Kushner

George Nader ging im Weißen Haus ein und aus, seine Ansprechpartner sollen Trump-Schwiegersohn Jared Kushner und der inzwischen gefeuerte Steve Bannon gewesen sein. Nader wurde im Jänner vom FBI angehalten und vernommen, er soll mit Mueller kooperieren, meldete in der Nacht zum Mittwoch CNN. Bekannt ist inzwischen, dass er bei einem Treffen von emiratischen Offiziellen und Trump-Vertrauten im Dezember 2016 in New York und einem im Jänner 2017 auf den Seychellen dabei war, da war der Gesprächspartner der Emiratis der Trump nahestehende Blackwater-Gründer Eric Prince. Nader war auch auf den Seychellen, als Prince dort einen russischen Bankier traf.

Eine weitere Figur in dem Spiel ist Elliott Broidy, ein eifriger republikanischer Spendensammler für Trumps Wahlkampf. Sein Sicherheitsunternehmen Circinus ist auch in den VAE tätig. Ein von Broidy geschriebenes Memorandum über ein Gespräch mit Trump, das er Nader zukommen ließ, wurde Medien zugespielt – und ist wohl auch die Grundlage für Muellers Verdacht: Demnach habe Broidy versucht, Trump dazu zu bewegen, Mohammed bin Zayed in einer "privaten, informellen Umgebung" außerhalb des Weißen Hauses zu treffen. Trump soll nicht abgeneigt gewesen sein, aber die Unternehmung scheiterte an seinem Sicherheitsberater General H.R. McMaster, der "lächelte und sagte, dass Staatschefs sich üblicherweise im Weißen Haus treffen, wie es das Protokoll vorsieht".

Broidy, der nun behauptet, er wurde gehackt, soll demnach auch auf Trump eingewirkt haben, Außenminister Rex Tillerson zu entlassen. Das Interesse der VAE in dieser Sache ist klar, es geht um den Konflikt mit Katar.

Trump und Tillerson nicht einig

Während sich Trump nach seiner ersten Auslandsreise, die ihn zuerst nach Riad führte, völlig auf die Seite Saudi-Arabiens und der VAE in ihrer Boykottpolitik Katar gegenüber stellte, weichte Tillerson diese Position auf. Auch auf seiner jüngsten Reise in die Region bemühte er sich um Vermittlung innerhalb des Golfkooperationsrats (GCC), zu dem alle arabischen Golfländer gehören und dessen Zerfall die USA fürchten.

Die neue Außen- und Sicherheitspolitik der VAE ist eine Entwicklung, die nicht nur die relativ kleinen Emirate selbst betrifft: MbZ gilt eben auch als Mentor seines jüngeren saudischen Kollegen MbS, und manche Beobachter meinen daher, dass auch die Veränderungen innerhalb Saudi-Arabiens auf seinen Einfluss zurückgehen. Die VAE setzen stark auf Soft Power, vom Louvre Abu Dhabi bis zu den gesellschaftlichen Ereignissen, die der rührige Botschafter Otaiba in Washington finanziert. Sowohl Saudi-Arabien als auch die VAE – aber auch Katar – geben große Summen für Lobbyarbeit und PR aus.

Emiratische Machtprojektion

Die emiratische Politik hat aber auch eine starke militärische Komponente, aufgrund der eigenen mangelnden Kapazitäten oft mithilfe ausländischer Söldner oder, wie im Jemen, selbst geschaffener lokaler Milizen. Im Jemen unterstützten die VAE die separatistische Bewegung – und kontrollieren die wichtigen Häfen, allen voran Aden. Die jemenitische Insel Sokotra ist fest in emiratischer Hand, dagegen regt sich auch Widerstand in der international anerkannten jemenitischen Regierung, die von Saudi-Arabien unterstützt wird.

Die VAE setzen sich auch am Horn von Afrika fest. Es könnte der Zeitpunkt kommen, wo diese emiratischen Machtprojektionen auch Saudi-Arabien unheimlich werden. Beim im Norden an die VAE angrenzenden Oman ist das bereits der Fall. Dort wird beobachtet, wie die VAE nun auch im Süden ihre Präsenz ausbauen. (Gudrun Harrer, 7.3.2018)