Stolperte Paris St. Germain letzte Saison über den FC Barcelona, so war diesmal gegen Real Madrid Endstation.

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Paris – Für Real Madrid war es mehr oder weniger "business as usual", für Paris Saint-Germain das neuerliche Ende der hochgesteckten Erwartungen. Mit einem in der Champions League weiter erfolgreich Tore jagenden Cristiano Ronaldo hat der Titelverteidiger eine vermeintlich hohe Achtelfinal-Hürde mit überraschend wenig Gegenwehr aus dem Weg geräumt. Bei den Franzosen war der Frust entsprechend groß.

Wer nach dem 1:3 im Hinspiel einen Sturmlauf des französischen Ligakrösus erwartet hatte, wurde am Dienstagabend enttäuscht. Real verwaltete den Vorsprung mit einer defensiven Spielausrichtung problemlos. Ronaldo traf kurz nach Seitenwechsel (51.), nach Gelb-Rot für PSG-Akteur Marco Verratti (66.) war eine Vorentscheidung gefallen. Tore von Edinson Cavani (70.) bzw. Casemiro (80.) zum 2:1-Auswärtssieg der Madrilenen waren im Pariser Prinzenpark fast nur noch Beiwerk.

Real auch ohne Bale, Modric und Kroos souverän

"Wir haben uns nicht beirren lassen, und so werden wir auch weiterarbeiten, um etwas zu erreichen", sagte Zinedine Zidane. Der Real-Trainer hatte bei seiner Aufstellung überrascht, indem er Gareth Bale ebenso wie die nach Verletzungen zurückgekehrten Luka Modric und Toni Kroos auf die Bank setzte. Marco Asensio, Lucas Vazquez und der in Linz aufgewachsene Kroate Mateo Kovacic wussten zur Freude für Zidane dann zu gefallen.

Nach dem Auftritt erinnerten spanische Journalisten an Reals Vorstellungen in den vergangenen CL-Saisonen, als am Ende Titel herausschauten. Zidane ließ sich zu Vergleichen nicht hinreißen. "Wir sind jetzt einmal weiter und glücklich", sagte er. Kapitän Sergio Ramos ortete einen Aufwärtstrend bei seiner national ins Hintertreffen geratenen Mannschaft. "Ich würde sagen: Madrid ist zurück", meinte der Verteidiger, um zugleich zu betonen: "Gewonnen haben wir aber noch nichts."

Ronaldo und van Nistelrooy gleichauf

Spaniens Presse stimmte nach Reals achtem Viertelfinaleinzug in Folge Lobeshymnen an. "Der König erobert Paris", schrieb die "Marca" über Ronaldo, der sein zwölftes Saisontor in der Champions League erzielte. Der Portugiese war in allen acht Spielen des laufenden Bewerbs zumindest einmal erfolgreich. Mit seinen Toren im Finale 2017 hat er bereits neun Partien in Serie getroffen und liegt nun gleichauf mit Rekordhalter Ruud van Nistelrooy (2002 bis 2003).

Während in Spanien von einer "Lehrstunde" ("Marca") für Paris zu lesen war, war in Frankreich Frust vorhanden. "Viel Lärm um nichts", schrieb die Sporttagezeitung "L'Equipe" auf ihrer Titelseite. Hatte PSG zu Beginn der Gruppenphase noch Bayern München mit 3:0 abgefertigt, kam in der entscheidenden Phase das Aus wieder einmal schnell.

Vergleichsweise undramatisches Ausscheiden

Wie im vergangenen Jahr endete die Champions League PSG bereits im Achtelfinale. Das Ausscheiden verlief nicht so dramatisch wie gegen den FC Barcelona, als Paris nach einem 4:0-Hinspielerfolg auswärts noch 1:6 unterging. Gegen Real war das Endergebnis aber deutlicher. Ohne den verletzten Neymar fehlte es an Durchschlagskraft, und in der Abwehr taten sich Lücken auf.

Auch der deutsche Bundestrainer Joachim Löw, der das Spiel im Prinzenpark verfolgte, gefiel die PSG-Taktik ohne Neymar nicht. "Ihre drei Mittelfeldspieler agieren relativ weit hinten, keiner geht mit in die Spitze. Deswegen hängen die drei Superstürmer von Paris ein bisschen in der Luft."

Draxler verwundert und frustriert

Julian Draxler, eine Viertelstunde vor Schluss eingewechselt, war frustriert: "Das war viel, viel zu wenig", sagte der 24-Jährige im ZDF. "Es ist schwer zu akzeptieren, dass wir so sang- und klanglos ausgeschieden sind. Wenn wir so ein Spiel abliefern, kann man Real Madrid nicht ausschalten. Jeder im Stadion hat gespürt, dass das Spiel nicht mehr kippen wird, weil die Intensität von uns einfach nicht da war", sagte Draxler. "Am Ende hat Real Madrid das Ding so was von souverän runtergespielt, dass die nicht mal im Ansatz nervös waren."

Unai Emery wird sich wohl auf einen neuen Arbeitgeber einstellen müssen. Der Vertrag des spanischen Trainers läuft zu Saisonende aus und hätte sich nur mit dem Sprung ins Semifinale automatisch verlängert. In der Ligue 1 und im französischen Cup auf Double-Kurs, wird die katarische Klubspitze Emery aber wohl nicht vorzeitig beurlauben. Er selbst meinte zu Fragen über seine Zukunft: "Heute ist nicht der Tag, um darüber nachzudenken."

"Gegen Real Madrid zu verlieren ist keine Enttäuschung, im Achtelfinale auszuscheiden aber schon", sagte Emery. Klubchef Nasser Al-Khelaifi vermied es, über Konsequenzen zu sprechen. "Jeder ist jetzt aufgekratzt. Wir werden ruhig darüber reden, was wir ändern müssen. Wir haben Zeit dafür." Vom eingeschlagenen Kurs werde man nicht abweichen.

400 Millionen Euro investiert

Mehr als 400 Millionen Euro investierte Paris im vergangenen Sommer alleine in die Transfers von Neymar und Kylian Mbappe (vorerst von Monaco geliehen). Auf die Frage, ob diese Investitionsstrategie hinterfragt werden müsse, winkte Al-Khelaifi ab. "Nein, wir glauben an unsere Spieler. Wir wollen das Projekt mit diesen beiden Spielern weiterführen, weil das die Zukunft des Klubs ist."

Liverpool im Schongang weiter

Nach dem 5:0 im Hinspiel wenig aussagekräftig war am Dienstag der Heimaufritt von Liverpool. Die Reds begnügten sich gegen den FC Porto an der Anfield Road mit einem 0:0. Zuletzt stand Liverpool 2009 im Viertelfinale der Champions League, Trainer Jürgen Klopp sagte: "Ich denke es war Zeit, dass wir wieder dort aufscheinen. Es gibt eine gute Entwicklung bei Liverpool im Moment, aber wenn man in einem Bewerb wie der Champions League nicht aufzeigt, nimmt keiner davon Notiz."

In seiner dritten Saison an der Merseyside sieht Klopp seine Mannschaft für Höheres bereit. "Um ehrlich zu sein, heuer gehören wir dorthin. Es sollte jetzt keine große Überraschung sein." Im Viertelfinale werde es natürlich schwerer, das Semifinale bleibe aber das Ziel. In einer ereignisarmen Partie war einer der Höhepunkte, als Portos Schlussmann Iker Casillas von Liverpools Fankurve mit Applaus bedacht wurde. Der Vertrag des 36-jährigen Spaniers bei den Portugiesen läuft mit Saisonende aus, es könnte die letzte Champions-League-Partie für den dreifachen CL-Sieger mit Real Madrid gewesen sein. (APA, AFP, sid, red, 7.3.2018)