Eine Facharbeiterin in Ausbildung aus Chicago übt zu schweißen. Donald Trump will mit seinen Strafzöllen US-Jobs in der Stahlindustrie schützen.

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Washington – 107 Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses aus Donald Trumps eigener Partei haben versucht, den US-Präsidenten von seinen Strafzollplänen abzubringen. In dem Schreiben bringen die Parlamentarier ihre "tiefe Besorgnis" über das Vorhaben zum Ausdruck, 25 Prozent Strafzölle auf die Einfuhr von Stahl zu erheben und zehn Prozent für Aluminium. Trump wollte noch am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) ein entsprechendes Dokument unterzeichnen.

Zu den Unterzeichnern des Protestbriefes gehören auch Trump-Anhänger unter den Abgeordneten – etwa Devin Nunes, der den Präsidenten in der Russland-Affäre noch in Schutz genommen hat. "Zölle sind Steuern, die US-Unternehmen weniger wettbewerbsfähig und US-Verbraucher ärmer machen", heißt es in dem Schreiben. Jegliche Zölle, die verhängt würden, sollten sich gezielt an spezifischen Regelverletzungen orientieren und den Effekt auf US-Unternehmen und -Verbraucher minimieren.

Zuvor hatten bereits Top-Republikaner wie der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, und der Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell, das Weiße Haus zur Zurückhaltung aufgerufen. Die Zölle als staatlicher Eingriff in das freie Spiel der Marktkräfte sprechen komplett gegen die republikanische Philosophie von Wirtschaftspolitik.

Am Dienstag hatte Trumps oberster Wirtschaftsberater Gary Cohn seinen Rücktritt erklärt. Regierungskreisen zufolge nahm der als Verfechter des Freihandels geltende Cohn auch wegen der geplanten Zölle seinen Hut.

Wirtschaft warnt

Der Chef der US-Handelskammer warnte vor negativen Folgen für das Wachstum und den Arbeitsmarkt. "Wir werden die Wirtschaft nicht auf ein Wachstum von über drei Prozent schieben und die Schaffung von Jobs vorantreiben, wenn wir diesen Weg gehen", erklärte Tom Donohue. "Wir fordern die Regierung auf, diese Bedrohung ernst zu nehmen."

Auch der Chef der US-Großbank Morgan Stanley, James Gorman, reihte sich in die Schar der Kritiker ein. "Das größte Problem, das dieses Land hat, ist nicht das Handelsdefizit, sondern das Haushaltsdefizit", sagte er dem Sender CNBC. Die Zollpläne seien "eine schlechte Idee".

Ausnahmen für Verbündete möglich

Trumps Position hat sich bereits etwas aufgeweicht: Den Nachbarn Mexiko und Kanada könnten die USA eine Schonfrist bei den Strafzöllen einräumen. Beide Länder sollen zunächst von den Zöllen ausgenommen werden und hätten dann eine bestimmte Zeit, um über Zugeständnisse beim Freihandelsabkommen Nafta die Ausnahmen zu verlängern, sagte Donald Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro am Mittwoch.

Weitere Verbündete, etwa EU-Länder und Nato-Partner, sollen zunächst nicht von den Zöllen in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium ausgenommen werden. Navarro deutete im Sender Fox Business jedoch an, dass es auch für andere Länder Möglichkeiten geben könnte, nachträglich die Zölle zu vermeiden. "Wir werden das für unsere Verbündeten öffnen und sehen, ob wir das Problem lösen können."

Martin Kocher, Leiter des Instituts für Höhere Studien, erklärt, wie die EU auf mögliche Strafzölle von US-Präsident Trump reagiert und wen das am stärksten treffen könnte.
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China warnt Trump vor Konsequenzen

Den Erlass für die Einführung der Zölle könnte Trump Regierungskreisen zufolge noch am Donnerstag unterzeichnen. Wegen der Klärung rechtlicher Fragen könnte es sich aber auch bis Freitag verzögern. In Kraft treten sollen die Zölle rund zwei Wochen nach Unterzeichnung. Trump hat wiederholt gegen Billigimporte gewettert, vor allem aus China, die nach seiner Darstellung die US-Industrie schädigen und Arbeitsplätze vernichten.

China hat für den Fall von US-Strafzöllen eine "angemessene und notwendige Reaktion" angekündigt. Ein Handelskrieg mit den USA werde niemandem nützen, sagte Außenminister Wang Yi am Donnerstag. "Einen Handelskrieg zu wählen ist sicherlich das falsche Rezept, am Ende wirst du nur anderen und dir selbst schaden."

Ausnahme für nur ein EU-Mitglied unmöglich

Eine Ausnahme für Großbritannien von US-Stahlzöllen würde nach Aussagen von Vize-Kommissionspräsident Jyrki Katainen für die gesamte EU gelten. "Wenn sie eine Ausnahme für einen unserer Mitgliedstaaten machen, gilt die für die gesamte EU", sagte Katainen am Donnerstag in Brüssel. Die EU warte nun gespannt auf die nächsten Schritte aus Washington im Stahlstreit.

Die EU habe in den vergangenen Tagen in zahlreichen Kontakten mit US-Behörden viel Überzeugungsarbeit geleistet, damit kein großer Schaden auch für die amerikanische und die Weltwirtschaft entstehe.

Zypries zu Trump: "Lass es doch sein!"

Die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) will angesichts der US-Schutzzölle noch nicht von einem Handelskrieg sprechen. "Es ist auf alle Fälle eine sehr heftige Irritation", sagte sie am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". "Ein deutlicher Handelskrieg, würde ich jetzt sagen, ist es noch nicht, wenn es um wenige Produkte geht, die in Rede stehen", ergänzte sie. "Man kann im Grunde nur Herrn Trump immer wieder sagen: Lass es doch sein!"

Sollte es, wovon Zypries ausgeht, zu den US-Importzöllen kommen, sollte man nach ihrer Auffassung vor der Welthandelsorganisation (WTO) "auf alle Fälle" dagegen klagen: "Ich glaube schon, dass wir darauf reagieren müssen." Gleichzeitig müsse man aber mit der US-Regierung weiterreden, um die Probleme zu lösen. Eine Sorge sei, dass bei US-Handelsbeschränkungen für Stahl die nicht in die USA fließenden Mengen dann auf andere Märkte drücken würden. (APA, red, 8.3.2018)