Alles ist möglich, im Animationsfilm aber auch beim Festival selbst.

Foto: The Full Story, Daisy Jacobs & Chris Wilder, UK 2017

Trickfilme würden Kindern die Möglichkeit geben, Machtverhältnisse umzudrehen, sagte Joan Ashworth Mittwochabend bei der Eröffnung des Tricky Women Festivals im Wiener Gartenbaukino. Ashworth, langjährige Leiterin des Animation Department am Londoner Royal College of Art, hat diese Erfahrung bei einem Projekt gemacht, bei dem sie zusammen mit einer Kinderpsychologin Trickfilme in die Therapie einbaut. Kinder würden sich in der Welt der animierten Charaktere wohl fühlen, sagt Ashworth, und hätten so einen Vorteil gegenüber der Erwachsenenwelt.

Die Machtverhältnisse umdrehen, aber im Sinne der Geschlechterverhältnisse – das ist die gelebte Praxis des Frauenfilmfestivals Tricky Women, das noch bis Sonntag im Wiener Metrokino einen beeindruckenden Überblick darüber gibt, was Animationsfilm weltweit heute kann. Mehr als 150 von Frauen gemachte Filme jeder Spielart laufen im Metrokino in verschiedenen Programmen über die Leinwand.

Hochkarätiges Trickfilmfestival

Seit 15 Jahren wird das stetig gewachsene Festival von Waltraud Grausgruber und Birgitt Wagner mehr oder weniger in einer Two-Women-Show geschupft. Und zwar ohne zu betonen, dass sie gehandelt haben, anstatt nur Gleichberechtigung zu fordern, ohne die Tatsache dieses hart erkämpften Jubiläums an die große Glocke zu hängen.

Es geht ihnen, wie auch den vielen anderen beteiligten Frauen, nämlich um die Sache: Zu zeigen, dass es überhaupt kein Problem ist, ein hochkarätiges Trickfilmfestival zusammenzustellen, wenn man sich nur an Filmemacherinnen wendet. Das immer wiedergekäute Argument, es sei einfach zu schwierig, geeignete Frauen für Vorstandsetagen, Aufsichtsräte oder Filmproduktionen zu finden, zerbröselt da ganz nebenbei. Einig sind sich alle: Es braucht mehr Vielfalt im Filmbusiness, nicht nur was die Sichtbarkeit von Frauen angeht. Es geht um ökonomische Gleichheit, aber auch um einen Mehrwert an Geschichten und Zugängen.

Bleistift und Computer

Das Schöne am Animationsfilm ist, dass darin alles möglich ist – jede erdenkliche Welt lässt sich kreieren, ob in Stop Motion, mit simplen Bleistiftzeichnungen oder ausgefeilter Computeranimation. Die tricky Frauen kosten das voll aus, wie ein Vorgeschmack auf das Festival bei der Eröffnungspräsentation zeigte: Da gab es Schräges, Absurdes, Dokumentarisches genauso wie Historisches und Frauenrechtliches.

Unabhängiger Animationsfilm mag vielleicht ein Nischenprogramm sein – aber durchaus eine geeignete Vorlage, wie leicht sich Machtverhältnisse umdrehen lassen. Ganz ohne viel zu tricksen. (Karin Krichmayr, 8.3.2018)