Außenministerin Karin Kneissl mit Mevlüt Çavuşoğlu und einem Insassen der Stallungen der Spanischen Hofreitschule.

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Der türkische Außenminister durfte einen Lipizzaner füttern.

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Danach traten die beiden Außenminister vor die Presse.

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Gastfreundschaft lautete die Formel, unter der Außenministerin Karin Kneissl und ihr türkischer Amtskollege Mevlüt Çavuşoğlu bei seinem Besuch in Wien die neubelebte österreichisch-türkische Freundschaft präsentierten. Es sei eine "Besuchsdiplomatie" in mehreren Etappen, die das zerrüttete bilaterale Verhältnis wieder verbessern soll. Kneissl hat Çavuşoğlu ja bereits Ende Jänner in Istanbul besucht und sich mit der aktuellen Einladung revanchiert. Demnächst soll auch der türkische Wirtschaftsminister nach Wien kommen. Generell gehe es um eine Verdichtung der Kontakte auf allen Ebenen, auch mit kulturellem Austausch und auf Beamtenebene.

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Nachdem bei dem Treffen im Jänner ausgemacht worden ist, dass die österreichischen Archäologen ihre Arbeit in Ephesos wiederaufnehmen können, wird künftig auch Österreichs Engagement bei der Nato im Rahmen des Partnership-for-Peace-Programms nicht länger von den Türken blockiert. Man habe das Veto zurückgezogen, jedenfalls was die Akkreditierungen der zivilen Ebene innerhalb der Vertretung in Brüssel betrifft.

Çavuşoğlu: "Künstlich erzeugte Probleme"

Wenngleich Kneissl die gute Stimmung während des Besuchs betonte und "mein Kollege Mevlüt" besonders die von ihr angesprochene "Pferdediplomatie", den Besuch in der Spanischen Hofreitschule, sichtlich genoss, sah sie die rezenten Bemühungen auf dem diplomatischen Parkett keineswegs als "Charmeoffensive". Denn: "Charme und Offensive passen nicht zusammen." Viel eher ging es um echte bilaterale Diplomatie. Dass heikle multilaterale Themen wie die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wie schon im Jänner bewusst ausgeklammert wurden, dürfte dabei bestimmt hilfreich gewesen sein.

Die Schritte, die die Türkei in der Vergangenheit gesetzt hatte, waren nach Ansicht Çavuşoğlus schlichtweg Reaktionen auf deutsche und österreichische Einmischungen und "Äußerungen, die man nicht einfach so hinnehmen konnte". Die Verstimmungen zwischen Wien und Ankara seien allerdings großteils "künstlich erzeugte Probleme" gewesen, sagte Çavuşoğlu, die keinesfalls "unüberwindbar" seien. Österreich müsse nun aber auch versöhnliche Gesten setzen, wie sie etwa die Türkei zeigte, indem sie die archäologischen Ausgrabungen in Ephesos unter der Aufsicht Österreichs nicht weiter blockiere. Die Ungleichbehandlung bei den Doppelstaatsbürgerschaften halte er auch für unfair.

Kneissl: "Bin republikanisch geprägt und glaube an den Citoyen"

Zu der Debatte über türkische Imame in Österreich erklärte Kneissl, man habe konkrete Maßnahmen bezüglich der Ausbildung der Imame vereinbart. Die Türkei kenne und respektiere die österreichische gesetzliche Regelung. Theologen würden künftig in die Türkei eingeladen, es gehe dabei um Theologie und nicht um ein politisches Konzept.

Çavuşoğlu betonte, der Türkei sei es wichtig, dass der Islam "von den richtigen Quellen richtig gelehrt" werde. Die staatliche türkische Religionsbehörde Diyanet und Atib, die Türkisch-Islamische Union in Österreich, würden ihre Unterstützung zeigen. Atib gilt als verlängerter Arm der Diyanet in Österreich und ist der türkischen Botschaft weisungsgebunden. Vorstellbar ist für Çavuşoğlu auch die Gründung einer eigenen Fakultät. "Ich bin republikanisch geprägt und glaube an den Citoyen", sagte dazu Außenministerin Kneissl und appellierte, Religion sei als Privatsache zu behandeln.

Trennlinie Terrorismus

"Wir lieben die Menschen, weil wir Gott lieben und weil sie Untertanen Gottes sind", meinte Çavuşoğlu und betonte, dass sein Land keine Vorbehalte gegenüber Völkern und Rassen habe, wenn es jedoch um die Frage des Terrorismus gehe, müsse eine klare Trennlinie gezogen werden. Es könne nicht sein, dass "terroristische Organisationen wie die PKK" sich in Österreich "wie im Himmel fühlen" und ihre Fahnen schwenken dürfen. Dies sei der Jihadistengruppe "Islamischer Staat" schließlich auch untersagt, sagte der türkische Außenminister – angesprochen auf die rund hundert kurdischen Demonstranten vor dem Außenministerium.

Bezüglich des Konfliktes in Syrien betonte Kneissl die Wichtigkeit des Genfer Dialogprozesses unter der Führung des UN-Sondergesandten Staffan de Mistura. Ankara wolle aber so lange weiterkämpfen, bis die Terrorgefahr gebannt sei. Die Türkei soll ja auch gemeinsam mit der irakischen Regierung eine Militäroffensive gegen kurdische Extremisten im Nordirak nach den irakischen Parlamentswahlen im Mai planen.

Internationaler Frauentag

Çavuşoğlu gratulierte gleich zu Beginn der Pressekonferenz auch allen Frauen zum Frauentag, was Kneissl eiligst und pflichtschuldig nachreichte. Über die gewaltsam aufgelöste Frauendemo in Ankara, bei der es vor drei Tagen zu mehreren Verhaftungen gekommen war, wurde jedoch nicht gesprochen. Kneissl zollte stattdessen der Türkei Respekt für die Ratifizierung der Istanbuler Konvention aus dem Jahre 2012, einem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. (Michael Vosatka, Fabian Sommavilla, 8.3.2018)