Das Justizressort prüft nun unter anderem, welche Rolle der von Minister Herbert Kickl (FPÖ) installierte Generalsekretär des Innenressorts bei der Hausdurchsuchung gespielt hat.

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Wien – Nach den aufsehenerregenden Hausdurchsuchungen beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hat sich nun auch das Justizministerium eingeschaltet. Generalsekretär Christian Pilnacek bestätigte am Donnerstag, dass sein Ressort eine Prüfung eingeleitet habe, wie es zu der Durchsuchung auf Anordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft kam.

Wie berichtet, marschierten vergangenen Mittwoch schwerbewaffnete Beamte der Einsatztruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) mit schusssicheren Westen im BVT ein und durchsuchten auch Privatwohnungen von Beschuldigten. Drei BVT-Mitarbeiter wurden suspendiert, ermittelt wird aber auch gegen den Leiter des BVT, Peter Gridling, sowie dessen früheren Stellvertreter. Es geht um den Verdacht auf Amtsmissbrauch.

Einheit unter blauer Führung

Untersucht wird nun, warum ausgerechnet die Experten für Straßenkriminalität mit den Hausdurchsuchungen beauftragt wurden. Die Einheit wird vom freiheitlichen Gewerkschafter und Gemeindepolitiker Wolfgang Preiszler geleitet.

Nach Informationen von STANDARD und "Profil", die in der Causa gemeinsam recherchieren, kam die finale Entscheidung dazu von Peter Goldgruber, dem von Innenminister Herbert Kickl installierten mächtigen Generalsekretär des Ressorts. Das Justizministerium war vorab nicht informiert. In der Korruptionsstaatsanwaltschaft gibt man keine Auskunft. Es handle sich um eine Verschlusssache.

Ebenso Teil der Prüfung ist laut Pilnacek, dass nicht nur Unterlagen der Beschuldigten mitgenommen wurden, sondern auch die Festplatte einer Referatsleiterin für Extremismus, die nur als Zeugin geführt wird. Bei ihr laufen alle Ermittlungen im rechtsextremen Milieu zusammen, also auch beispielsweise Aktivitäten der Identitären, die immer wieder mit Kontakten zu FPÖ-Politikern auffielen. Mit internen Vorgängen vertraute Personen befürchten, dass diese Informationen nun bei der EGS landen könnten.

Goldgruber bestreitet das, nennt derartige Befürchtungen "Fake News". Welche Daten bei den Hausdurchsuchungen beschlagnahmt wurden, "entzieht sich der Kenntnis des Innenministeriums sowie auch der der eingesetzten EGS-Polizisten, die zu keinem Zeitpunkt in Besitz dieser Daten waren". Die Daten lägen bei der WKStA und würden von dieser ausgewertet, so Goldgruber.

Bericht an Parlament

Beschäftigen wird sich mit der Causa auch das Parlament. Für den 20. März – an diesem Tag soll zumindest interimistisch ein neuer BVT-Chef verkündet werden – wurde eine Sitzung des ständigen Unterausschusses des Ausschusses für innere Angelegenheiten anberaumt. Aufgabe dieses vertraulich tagenden Gremiums mit dem sperrigen Namen ist es, die Nachrichtendienste zu kontrollieren. Bis zum 20. März soll es laut Pilnacek einen Bericht des Justizministeriums geben.

Neos-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper hat am Donnerstag zudem eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Kickl angekündigt, in der die Hintergründe der ungewöhnlichen Vorgangsweise abgefragt werden. Sie schreibt: "Eine an sich dafür unzuständige Einheit unter Leitung eines FPÖ-Gemeinderates führte die Hausdurchsuchung beim Verfassungsschutz durch und nahm angeblich hochsensible Geheimdienstinformationen in Kopie mit sich. Diese Informationen rund um die Ermittlungen gegen Beamte des Verfassungsschutzes sind höchst fragwürdig und beunruhigend."

SPÖ-Chef Christian Kern meldete sich am Abend zu Wort. "Wenn ausgerechnet im Innenministerium rechtsstaatliche Standards nicht eingehalten werden, dann ist das höchst bedenklich", sagte Kern zu STANDARD und "Profil". "Es ist ungeheuerlich, wenn eine Polizeitruppe unter Leitung eines FPÖ-Politikers mit zweifelhafter Begründung höchst sensible Daten beschlagnahmt." Die SPÖ will am Freitag über ihr weiteres Vorgehen in der Causa beraten.

Daten nicht gelöscht?

Gridling ist, wie berichtet, seit Beginn der Woche auf Urlaub. Dem Vernehmen nach wird ihm vorgeworfen, es mutwillig unterlassen zu haben, sensible Informationen zu löschen. Dabei soll es um Daten gehen, die den Wiener Anwalt Gabriel Lansky betreffen. Anderen Beamten wird vorgeworfen, Nordkorea durch die Weitergabe von in Österreich gefertigten nordkoreanischen Blankopässen an Südkorea geschädigt zu haben. Im Vorjahr hatte das Innenministerium noch erklärt, dass es sich dabei um eine übliche Kooperation der Polizeibehörden handle.

Die Ermittlungen gehen auf ein im Herbst anonym verschicktes BVT-Dossier zurück, in dem zahlreiche angebliche Missstände und Korruptionsvorwürfe enthalten waren. Vieles davon ist nachweislich falsch oder übertrieben.

Betroffen von den Anschuldigungen war auch der Präsidialchef des Innenministeriums, Michael Kloibmüller. Die Ermittlungen gegen ihn wurden aber bereits eingestellt. Mitten in dieser turbulenten Phase verlässt er nun aber das Innenministerium. Er soll eine Geschäftsführerposition bei einer privaten Firma in Niederösterreich übernehmen. Äußern wollte er sich weder zum Jobwechsel noch zu den Vorgängen im Ministerium. (Renate Graber, Günther Oswald, Fabian Schmid, 8.3.2018)