Homo naledi-Unterkiefer aus der Rising-Star-Höhle nordwestlich von Johannesburg.

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Verschleißfestigkeit der Backenzähne von Australopithecus africanus, Paranthropus robustu und Homo naledi im Vergleich: Widerstandsfähigere Bereiche sind dunkel, sensiblere Bereiche hell.

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Leipzig/Durham – Der sensationelle Fund einer bis dahin unbekannten fossilen Menschenart in Südafrika sorgte 2015 für Schlagzeilen. Als Forscher dann 2017 bekannt gaben, dass die gefundenen Überreste der Homo naledi genannte Spezies noch viel jünger sind als gedacht, war die Überraschung groß: Die Datierung der Fossilien ergab, dass sie nicht wie zunächst angenommen Jahrmillionen, sondern erst 230.000 bis 330.000 Jahre alt sind.

Unter den für ihr Alter unerwarteten anatomischen Merkmalen dieser Frühmenschen (sie hatten im Vergleich zu Homo sapiens ein sehr kleines Gehirn, eine geringe Körpergröße und ein an heutige Menschenaffen erinnerndes Gesicht) fielen Anthropologen schnell ungewöhnlich starke Beschädigungen der Zähne auf. Im Vorjahr kam ein Team der John Moores University in Liverpool in einer Studie im "American Journal of Physical Anthropology" zum Schluss, dass auf Homo naledis Speiseplan ziemlich harte Kost gestanden haben muss.

Ein Team aus deutschen, britischen und US-amerikanischen Forschern verglich nun Homo naledis Backenzähne mit denen anderer südafrikanischer Hominine. Wie die Forscher im "Journal of Human Evolution" berichten, besaß Homo naledi deutlich hochkronigere und widerstandsfähigere Backenzähne als andere südafrikanische Urmenschen, was die Annahme einer besonderen Ernährungsweise stützt: Neben Nüssen dürften diese Frühmenschen häufig Wurzeln und Knollen ausgegraben und mitsamt Staub- und Sandresten zerkaut haben.

Ökologische Nische

Den Analysen zufolge unterscheiden sich zwar die Backenzähne von Homo naledi in Schärfe und Komplexität nicht von denen anderer südafrikanischer Hominine. Sie waren jedoch größer und abnutzungsresistenter. "Offenbar hat Homo naledi Nahrungsmittel verspeist, die von Staub und Sand bedeckt waren, oder Pflanzen, die viele Phytolithen enthielten", sagte Erstautor Michael Berthaume vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

Phytolithen sind mikroskopische Kieselsäurepartikel in Pflanzen. Grasfressende Antilopen und andere Tiere, die in trockenen und oft auch sandigen Umgebungen leben, haben deshalb Backenzähne mit stärker ausgeprägten Kronen. Diese ermöglichen es ihnen, Nahrung zu sich zu nehmen, die reich an Phytolithen und Sand ist, ohne dabei ihre Zähne zu stark zu beschädigen.

Möglicherweise entwickelte Homo naledi eine ähnliche Überlebensstrategie und ernährte sich somit anders als andere fossile Menschenarten in der Region. "Unsere Ergebnisse bestätigen: Homo naledi, der die Merkmale früherer und späterer Hominine in sich vereint, lebte in einer anderen ökologischen Nische als andere Homininenarten", sagte Berthaume. (red, 10.3.2018)