Es ist wohl kein Geheimnis, dass die Institution der Ehe weniger Friede, Freude, Eierkuchen als Leid über die Welt gebracht hat. Historisch ist sie auch nicht aus Liebe geboren, sondern als Strategie zur Vermehrung des Privateigentums. Als der Mann beschloss, dem Jagdkollektiv den Rücken zu kehren, um sich der ökonomisch einträglicheren Landwirtschaft zuzuwenden, entstand nicht nur Neid gegenüber dem Nachbarn mit den größeren Erdäpfeln, auch die Unterdrückung von Frau und Kind nahm hier ihren Lauf.
Seit Jahrhunderten wird der Bund fürs Leben aufgrund seiner eher fragwürdigen Grundidee daher mit allerlei Riten legitimiert. Im alten Russland etwa war es üblich, dass der Brautvater der Tochter ein paar leichte Hiebe erteilte und die Peitsche dann (natürlich symbolisch!) an den Schwiegersohn weiterreichte. Beim hiesigen, recht lustigen Brauch des "Brautverzahrns" wird noch heute daran erinnert, dass Hochzeit auch viel mit Raub und Zwang zu tun hatte.
Damit ist man gar nicht weit weg von jenen Wiener "Balkanhochzeiten", wie sie ATV in seiner neuen Dokureihe seit Donnerstag zeigt. Zu sehen: neue Österreicher und ihre türkischen, serbischen oder bulgarischen Hochzeitsrituale.
Da ist Sezar, der seine Braut vom Vater (symbolisch!) freikaufen muss, oder ein bulgarischer Brauch, wo man einen Stock mit aufgespießtem Apfel und Zwiebel mitführt, weil die Ehe ja süß und bitter wird. Ein Türke erklärt schließlich, dass die Braut in seiner Kultur "leider noch immer ein bissl drunter ist" unter dem Mann.
In Ankara übrigens wurde am Montag eine Frauendemo mit Plastikgeschoßen aufgelöst. So endet die Symbolik. (Stefan Weiss, 9.3.2018)