Eine eigene Welt: Auf dem Genfer Autosalon vertrauen viele Besucher noch auf die heile Welt der Autoindustrie.

Foto: Andreas Stockinger

Rund um das hässliche Palexpo-Areal stauen sich schwere Limousinen. Deutsche Vehikel dominieren. Mercedes, BMW, Audi, Porsche und auch VW-Fahrzeuge. Einige superteure Modelle von Bentley über Ferrari bis Maserati kommen ebenso kaum voran. Die Chefs der Hersteller und etliche Autohändler lassen sich von ihren Nobelhotels zu den riesigen Ausstellungshallen chauffieren. Oft im Schneckentempo.

Willkommen beim 88. Genfer Autosalon. In der Stadt im äußersten Westen der Schweiz versammelt sich in diesen Tagen die PS-Branche zu ihrem ersten großen Jahrestreffen: Im Mittelpunkt des Stelldicheins steht neben den neuesten Automodellen und den vielen Deals in den Kulissen auch die ungewisse Zukunft des Diesels. Ebenso sorgen die von US-Präsident Donald Trump angedrohten Zölle auf Fahrzeugimporte für Debatten – die Trump-Aufschläge könnten zumal deutsche Luxusmarken verteuern.

Doch geben sich Vertreter der Industrie und Experten gelassen. "Wir können keine Panik verspüren", versichert ein Manager eines deutschen Produzenten, der namentlich nicht genannt werden will. Beispiel Porsche: Ein lindgrüner Porsche 911 GT3 RS liegt flach auf dem Stand des schwäbischen Edelproduzenten. "Das ist ja eine Wucht", murmelt ein ergrauter Herr in den 50ern und klettert in den Boliden mit seinen mehr als 500 Pferdestärken. Sein ehrfürchtiges Gesicht starrt auf das Cockpit. Andere Fans scharen sich um die Rakete auf vier Rädern. "Wir haben auch in den USA eine sehr treue Kundschaft", sagt Frank Scholtys, Leiter Unternehmenskommunikation des Sportwagenherstellers.

Treue bei Automarken

"Die Porsche-Clubs der USA haben 120.000 Mitglieder." Dann erzählt Scholtys vom Porsche-Kult in den USA, der wohl mit dem ungestümen Schauspieler James Dean seinen Anfang nahm. Zwar vermeidet Scholtys jede politische Aussage, aber seine Botschaft ist klar: Die amerikanischen Porsche-Fans lassen ihre Lieblingsmarke nicht im Stich.

Konkreter wird Jürgen Pieper, Autoexperte des Frankfurter Bankhauses Metzler: "Ein Porsche-Kunde oder ein Klient eines anderen deutschen Luxusherstellers in den USA würde eine zehnprozentige Verteuerung durch Importzölle wahrscheinlich hinnehmen, die Bindung an das Auto ist einfach zu stark." Piepers Wort hat Gewicht, er gilt als einer der führenden Kenner der Branche. "Natürlich", so hält der Experte fest, "wären neue US-Zölle auf Import nicht schön, aber letztlich würde sich Trump doch nur selbst schaden."

Anteil in USA geschrumpft

Pieper verweist auf die potenziellen massiven Gegenreaktionen der EU und anderer Handelspartner der USA. Zudem: Die USA hätten längst nicht mehr die überragende Bedeutung, gerade für deutsche Anbieter. Der Anteil des gesamten Gewinns, den der VW-Konzern, BMW und Mercedes in den Staaten erzielten, sei in den vergangenen Jahren geschrumpft.

Ähnlich gelassene Kommentare sind aus dem Hause Volkswagen zum Thema Diesel zu vernehmen. Konzern-Chef Matthias Müller betont laut der Agentur Reuters: "Ich bin fest überzeugt, dass der Diesel ein Revival erleben wird." Die von VW gelieferte Begründung: Dieselfahrzeuge kommen mit weniger Treibstoff aus als ihre Benzinrivalen. Dieser Vorteil komme besonders bei Lastkraftwagen zum Tragen. So könnten moderne Diesel viel zur Erreichung der internationalen Klimaziele beitragen.

Nichtdeutsche Anbieter halten jedoch dagegen. So erklärte der Boss des italienisch-amerikanischen Konzerns Fiat-Chrysler, Sergio Marchionne: "Wir werden die Abhängigkeit vom Diesel substanziell verringern." Und der japanische Riese Toyota will in Europa überhaupt keine neuen Pkw-Modelle mit Dieselmotor mehr auf den Markt bringen. (Jan Dirk Herbermann aus Genf, 8.3.2018)