Istanbul – Der international kritisierte Prozess gegen Mitarbeiter der regierungskritischen türkischen Zeitung "Cumhuriyet" wird am Freitag in Silivri bei Istanbul fortgesetzt. Insgesamt 18 "Cumhuriyet"-Mitarbeitern wird Unterstützung verschiedener Terrororganisationen vorgeworfen.

Der Chefredakteur Murat Sabuncu und der Herausgeber Akin Atalay sitzen seit mehr als 490 Tagen im Hochsicherheitsgefängnis in Silivri in Untersuchungshaft, der Investigativjournalist Ahmet Sik seit mehr als 430 Tagen. Der mitangeklagte Kolumnist Kadri Gürsel, der im September aus der U-Haft entlassen worden war, forderte die Freilassung seiner Kollegen.

Angeklagten drohen bis zu 43 Jahre Haft

Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen (ROG) drohen den Angeklagten bis zu 43 Jahre Haft. Die Organisation erklärte, sie betrachte den Prozess als politisch motiviert und fordere die Freilassung aller Angeklagten. Das International Press Institute (IP) – dessen Vorstand Gürsel angehört – verlangte einen Freispruch für die Angeklagten. Das Institut rief die türkischen Behörden zudem auf, alle inhaftierten Journalisten freizulassen und ihnen zu erlauben, wieder ihrem Beruf nachzugehen.

Der Chefredakteur des Online-Auftritts von "Cumhuriyet", Oguz Güven, war im November wegen Terrorpropaganda zu drei Jahren und einem Monat Haft verurteilt worden. Die Anwälte Güvens legten Einspruch gegen das Urteil ein. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt der EU-Beitrittskandidat Türkei auf Platz 155 von 180. Dutzende Journalisten sind im Gefängnis. Kritiker werfen der türkischen Regierung vor, Druck auf Medien auszuüben und deren Unabhängigkeit zu untergraben. Erdogan hat dagegen erst im Jänner wieder erklärt, sein Land sei Vorreiter in Sachen Pressefreiheit. (APA, 8.3.2018)