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Ermittler am Familiengrab der Skripals.

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Die Armee hilft mit schwerem Gerät beim Abtransport des Rettungsfahrzeugs, in dem die Vergifteten transportiert wurden.

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Ermittler untersuchen die Parkbank, auf der Sergej und Julia Skripal gefunden wurden.

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London – Die Ermittlungen im Fall des vergifteten russischen Doppelagenten Sergej Skripal und seiner Tochter schreiten nach Angaben der britischen Innenministerin Amber Rudd schnell voran. Das machte Rudd am Samstag nach einer Sitzung des britischen Sicherheitskabinetts in London deutlich.

Unklar blieb, ob die Ermittler bereits eine heiße Spur zu den Tätern oder Hintermännern der Tat haben. Rudd mahnte zu Geduld. "Wir müssen der Polizei und den ermittelnden Einheiten um sie herum den Raum geben, voranzukommen. Ich will aber betonen, dass sie mit Geschwindigkeit und Professionalismus voranschreiten".

An den Ermittlungen beteiligt seien mehr als 250 Polizisten der Anti-Terror-Einheit, sagte Rudd. Sie hätten etwa 200 Zeugen identifiziert und 240 Beweismittel sichergestellt. Auf die Frage nach möglichen Reaktionen Londons, sollte sich herausstellen, dass Russland seine Finger im Spiel hat, wollte sich Rudd nicht einlassen. Es gehe jetzt darum, Beweise zu sichern, damit eine Zuordnung der Tat klar erfolgen könne.

Sicherheitsstaatssekretär Ben Wallace hatte zuvor angekündigt, Großbritannien sei bereit, mit "voller Macht" zu antworten, sobald die Verantwortlichen ausgemacht seien.

Polizei schweigt zu Gifttyp

Der 66-jährige Skripal und seine 33-jährige Tochter Yulia wurden am vergangenen Wochenende mit Vergiftungserscheinungen in der englischen Kleinstadt Salisbury aufgefunden. Sie wurden der Polizei zufolge Opfer eines Attentats mit Nervengift. Um was für ein Gift es sich genau handelt, wollte Rudd mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen noch nicht sagen. Die Polizei hatte zuvor angegeben, das Gift sei identifiziert worden.

Skripal und seine Tochter seien weiterhin in einem kritischen Zustand, sagte Rudd. Ein Polizist, der ebenfalls verletzt wurde, ist Rudd zufolge "schwer krank", aber er sei ansprechbar und interagiere mit seiner Familie. Er ließ am Samstag mitteilen, er sei "kein Held", sondern habe "nur seinen Job gemacht".

Militär hilft bei Abtransport

Die Polizei hatte am Freitag die Unterstützung des Militärs angefordert und die Ermittlungen ausgeweitet. Am Samstag war auf Fernsehbildern zu sehen, wie Soldaten mehrere Krankenwagen zur Dekontamination abtransportierten.

Neben dem Fundort der Verletzten und Restaurants in der Innenstadt von Salisbury kamen auch das Wohnhaus Skripals und ein nahegelegener Friedhof in den Fokus der Ermittler. Auf Fotos war zu sehen, wie dort Beamte in gelben Schutzanzügen am Freitag Beweismittel sicherten. Auf dem Friedhof sollen Medienberichten zufolge Skripals Ehefrau und Sohn begraben liegen. Sohn Alexander starb im Vorjahr im Alter von 43 Jahren auf einer Russland-Reise, berichten britische Medien.

Ex-Oberst und Doppelagent

Unklar ist bisher, wie die Opfer mit dem Nervengift in Kontakt kamen. Medien berichteten unter Berufung auf Ermittlerkreise, die Quelle des Gifts könne sich im Haus Skripals befunden haben.

Skripal, ein früherer Oberst des russischen Militärgeheimdienstes GRU, war 2006 in Russland wegen Spionage für Großbritannien zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte russische Agenten an den britischen Geheimdienst MI6 verraten. Im Zuge eines Austauschs zwischen Russland und den USA kam er 2010 nach Großbritannien.

Der Fall erinnert an den Mord an dem Ex-Agenten und Kremlkritiker Alexander Litwinenko, der 2006 in London mit radioaktivem Polonium vergiftet wurde. Die Spuren der Täter führten damals nach Moskau. Das hat zu Spekulationen geführt, der Kreml könnte erneut seine Hände im Spiel haben. Der britische Außenminister Boris Johnson kündigte eine "angemessene und robuste" Reaktion an, sollte sich herausstellen, dass Russland hinter der Tat steckt. Moskau streitet jede Beteiligung an dem Attentat ab und klagt über antirussische Propaganda. (red, APA, dpa, 10.3.2018)