Francis Bacon malte das wegen ihrer Launen und ihres freizügigen Lebensstils legendäre Modell Henrietta Moraes: "Three Studies for a Portrait" (1976).

Foto: Christie's

Mittwochabend dieser Woche durfte sich Christie's in London einen weiteren Rekord in die firmeneigene Chronik schreiben: 60 Besitzerwechsel in der Sparte Post War & Contemporary summierten sich auf umgerechnet 153,68 Millionen Euro. Das ist der höchste je bei einer einzelnen Auktion am Marktplatz London erzielte Umsatz. Rechnet man die Verkäufe der Kategorie Impressionist & Modern Art von der Vorwoche hinzu, beläuft sich das Total auf knapp 359 Millionen Euro. Das ist mehr, als die Auktionsbranche in Österreich innert eines Jahres zu erwirtschaften imstande ist. Dass diese Christie's-Bilanz hierzulande auch auf Wohlwollen stößt, hat andere Gründe.

Francis Bacons Triptychon Three Studies for a Portrait ist einer davon. Die drei kleinformatigen Ölgemälde entstanden 1976 und zeigen Close-ups von Henrietta Moraes, einem legendären Modell der 1950er-/1960er-Jahre in den Ateliers von Soho. Bis zu 15 Millionen Pfund hatte Christie's für das Triptychon erwartet, am Ende hielt sich das Interesse potenzieller Käufer in Grenzen und erteilte man den Zuschlag bereits bei rund zehn Millionen Pfund (11,18 Millionen Euro). Das Kunstwerk gehörte zu einer Gruppe von insgesamt 15 aus einer "Private European Collection", die vom Auktionshaus unter dem Titel "The Eye of the Architect" vermarktet und nun versteigert wurden.

Pablo Picassos "Figure" aus dem Jahr 1930 erwarb Harry Glück 1976 bei Acquavella Galleries in New York. Statt der von Christie’s erwarteten 3,4 bis 5,7 Mio. Euro spielte das Gemälde 9,42 Mio. Euro ein.
Foto: Christie's

Ein "angesehener europäischer Architekt" ohne Name

Den Namen zum Architekten suchte man im Katalog vergeblich. Beschrieben war aber dessen Konzept des terrassenartigen Geschoßwohnbaus mit begrünten Balkonen. Wie berichtet ("Glück in turbulenten Zeiten", 17./18. 2.) handelte es sich bei dem "angesehenen europäischen Architekten" um Harry Glück, den "Vater" der Wohnhausanlage Alt Erlaa.

Gemäß den Provenienzangaben hatte er die Werke von Miró, de Chirico, Léger, Braque, Morandi, Bacon und Picasso in den Jahren 1974 bis 1977 bei Galerien in Genf (Jan Krugier), London (Brook Street) oder New York (Acquavella) erworben. Ganz sachlich betrachtet dürften die in dieser Zeit realisierten Wohnbauten ein einträgliches Geschäft gewesen sein.

Bis kurz nach Glücks Tod im Dezember 2016 zierten die Kunstwerke die Wände des von ihm und seiner Ehefrau bewohnten Penthouses in der Wiener Josefstadt. Die Eigentümer der Sammlung waren sie jedoch schon seit Jahren nicht mehr.

1994 hatte Glück sie an die Generali-Versicherung abgetreten, nicht verkauft, aber auch nicht verschenkt, betont seine Witwe Trixi Becker. Details zu diesem Deal möchte sie nicht nennen. Dem Vernehmen nach sah er vor, dass der Architekt fortan Versicherungsleistungen bezog, für die er keine Prämien zahlen musste. Generali dementiert das auf Anfrage nicht, bestätigt aber der rechtmäßige Eigentümer und damit auch Verkäufer der Kollektion zu sein.

Insgesamt spielte sie 32,41 Millionen Euro ein, die nun abzüglich der Provision des Auktionshauses auf das Konto der Versicherung fließen. Dass der dem Deal 1994 zugrunde gelegte Wert der Sammlung nur ein Bruchteil war, mag irritieren, ändert aber nichts an der Rechtmäßigkeit. (Olga Kronsteiner, 11.3.2018)