Allmählich scheint manchen in der Volkspartei das wiederholte Aufschäumen braunen Gedankengutes beim Koalitionspartner doch ein wenig an die Nieren zu gehen. Um sie als Koalitionspartner gegen die Sozialdemokraten zu gewinnen (wofür nicht viel gehörte), hat man alle Augen zugedrückt, in der Hoffnung, dafür mit ein wenig Anstand belohnt zu werden. Ist aber nicht. Was also tun, um sowohl die Koalition als auch den eigenen Ruf zu retten? Laut "Kurier" etwas ganz Schlaues! Schützenhöfer: Braune Flecken nicht nur bei Blau ins Visier nehmen. Der steirische ÖVP-Chef und -Landeshauptmann will für die Aufarbeitung der braunen Flecken alle Parteien in die Pflicht nehmen – auch seine ÖVP.

Um von den Freiheitlichen abzulenken, ist ihm kein Aufwand zu schade, "man sollte nicht nur mit dem Finger auf die FPÖ zeigen. Eine Aufarbeitung der Geschichte ist über die Parteigrenzen hinweg notwendig." Nun ist, unabhängig von der Frage, wer sich einer solchen Aufarbeitung bisher am hartnäckigsten widersetzt hat, eine ebensolche nur zu begrüßen, wann auch immer. Es stimmt allerdings nachdenklich, aus welchem Anlass der Landeshauptmann von diesem Rappel befallen wird. Gerade auch in der Steiermark hätte es zu einer solchen Aufarbeitung seit vielen Jahren ausreichend Gründe und Gelegenheit gegeben.

Entrümpelung nazistischer Relikte

Der Verdacht, mit diesem Vorschlag gerade jetzt solle vor allem Sebastian Kurz entlastet werden, ist auch deshalb nicht von der Hand zu weisen, als Schützenhöfer klar sein müsste, dass eine Aufarbeitung der Geschichte über die Parteigrenzen hinweg eine Sache ist, die Entrümpelung nazistischer Relikte aus der gegenwärtigen Regierungspartei FPÖ eine andere, die beide nur insoferne zusammenhängen, als die Existenz letzterer eine Folge jener unglückseligen Toleranz ist, die diesem Gedankengut in Österreich seit 1945 entgegengebracht wird – bis zum geflissentlichen Drüberhinwegsehen, wie es Kurz aus Karrieregründen im Jahre 2017 erst wieder praktiziert hat.

Und weil es mit der Kommission, die FPÖ-Chef Strache versprochen hat, offenbar nicht so recht weiter geht, der Skandal aber weiterglost, schwebt Schützenhöfer darum eine Kommission vor, die sich allumfassend mit dem Thema beschäftigt. Eine solche Allumfassung ließe jedenfalls die Burschenschaften als aktuelle Horte des Rechtsextremismus für die nächsten Jahre zu einer vernachlässigbaren Kleinigkeit schrumpfen, bis sie aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit wieder verschwinden und ihre deutschnationale Wühlarbeit ungestört fortsetzen können.

Meer des Selbstmitleides

Schützenhöfer darf sich insofern eines Geistes mit Andreas Mölzer wissen, als dieser in der letzten Nummer von "Zur Zeit", aus einem Meer des Selbstmitleides heraus die Einäugigkeit bejammerte, mit der da die Mainstream-Medien und allzu zeitgeistige Vertreter staatlicher Institutionen gegen ein traditionelles politisches Lager vorgehen. Ein diffus geäußerter Verdacht und schon schlägt eine – heute auch schon längst von Spät-68ern linksdurchsetzte – Justiz gnadenlos zu. Da könnte eine allumfassende Kommission vieles aufklären – und manchen Schmerz lindern.

Über all dem Ungemach, das die FPÖ erleiden muss, lässt sie keine Gelegenheit zu Aufmerksamkeitsgewinn aus. Nun durfte sich die schwangere Frau des freiheitlichen Klubobmanns Gudenus unter deutlicher Zurschaustellung der gemeinsamen Fortpflanzungsleistung in einer Sauna fotografieren und das Abbild der Öffentlichkeit zukommen lassen. In Russland hätten sie das vermutlich bleiben lassen. Hierzulande führte das zu einer ästhetischen Auseinandersetzung auf höchstem Niveau zwischen "Österreich" und der "Kronen Zeitung", in der sich Michael Jeannée als Neidhammel des Bildaktes erwies. Wo "Österreich" jubelte Politiker-Gattin zeigte süßen Babybauch, konstatierte er: Ein Babybauch ist grundsätzlich etwas Wunderbares, Wunderschönes, Wundersames. Zugleich aber etwas, das ausschließlich in der Intimität des gemeinsamen Heims gedeihen, erblühen, wachsen, hergezeigt und gestreichelt werden will. Etwas, das ausschließlich den Blicken des Gatten und des Gynäkologen vorbehalten sein sollte. Etwas, das die Öffentlichkeit aber so was von nichts angeht.

Die "Krone" wollte ihre Leser dennoch etwas Wundersames erblühen sehen lassen, also lieferte auch sie das Foto der schwangeren Saunistin. Die geht zwar die Öffentlichkeit nichts an, aber Geschäft bleibt Geschäft. (Günter Traxler, 10.3.2018)