Die Vorstellung, mit seiner Familie von einem jungen Berserker völlig überraschend angegriffen und lebensgefährlich verletzt zu werden, ist ein Albtraum. Wenn noch dazukommt, dass es ein junger afghanischer Asylwerber ist, stellen sich ernsthafte Fragen.
Die erste ist, ob es sich um einen (islamistisch motivierten) Terrorangriff handelt oder um einen Angriff mit irgendeiner anderen kriminellen Motivation. Der Mann ist geständig und sagt, sein Motiv sei nicht religiös gewesen, sondern seine schlechte Lebenssituation. Einen ehrenamtlichen Betreuer von jungen Afghanen, Architekt Wolfgang Buchebner (Connect Mödling), erinnert der Vorfall an die wahllosen Schulmassaker in den USA. Eine unmittelbare Zeugin des Angriffs auf die Familie ist Psychotherapeutin, ihrer Ansicht nach wirkte der Mann in diesem Moment psychotisch.
Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz hielt es für angebracht, in mehreren Tweets sein bekanntes Mantra von der "unbegrenzten Migration" herunterzubeten: "Solche Vorfälle dürfen keinesfalls toleriert werden."
Abgesehen davon, dass es eine Unschuldsvermutung gibt – wer will solche Vorfälle "tolerieren"? Wer will "unbegrenzte Migration"? Und warum gießt der Bundeskanzler Öl ins Feuer?
Aber: Seit 2015 ff. sind relativ viele Afghanen (fast 30.000) nach Österreich gekommen. Afghanistan ist eine rückständige, archaische, gewalttriefende Gesellschaft – müssen wir das importieren?
Die Sicherheitsbehörden heben die Afghanen als überdurchschnittlich (gewalt-)kriminell heraus. Andererseits betonen freiwillige Betreuer wie der erwähnte Architekt, aber auch andere, die Lernbereitschaft und Gutwilligkeit "ihrer" jungen Afghanen.
Was kann man vernünftigerweise tun, jenseits von Parolen in Trash-Medien und von Krawallpolitikern?
Die Zahl der Asylsuchenden Afghanen ist 2015 tatsächlich stark angestiegen, sie kamen sozusagen im Gefolge der Syrer. Sie waren zweifellos oft gefährdet. Ihr Problem, könnte man sagen. Warum sollen wir hier bei uns eine erhöhte Gefahr ertragen, die gefühlt von ihnen ausgeht? Meldungen der letzten Monate: Massenschlägerei zwischen jungen Afghanen und Tschetschenen in Wien; ein angeblich 15-jähriger, in Wahrheit wohl 21-jähriger Afghane ersticht seine angeblich 14-jährige (wohl 17-jährige) Schwester, weil sie ein selbstbestimmtes Leben führen will.
Der Anteil der Afghanen bei kriminellen Handlungen lag hinter anderen Gruppen (2016 bei 5,7 Prozent – Rumänen, Deutsche, Serben: zehn Prozent), sie sind allerdings vom achten auf den fünften Rang "aufgestiegen". Der Chef des Bundeskriminalamts machte dafür interessanterweise "Verzweiflung" als Motiv aus. Ganz ähnlich Wolfgang Buchebener: "Bei der Kriminalität muss man die Rahmenbedingungen betrachten."
Das führt zur Frage: Was vernünftig tun? Buchebner und seine Mitstreiter aus der Zivilgesellschaft halten das Vorgehen der Behörden oft für willkürlich und kontraproduktiv: "Integration, HTL-Besuch etc. werden generell nicht anerkannt. Abschiebungen erfolgen planlos."
Die Realität ist: Ein Gutteil der Afghanen wird dableiben. Sie müssen eingegliedert werden. Zukunfts- und lösungsorientiert. Organisationen wie Connect Mödling mit 250 Sympathisanten leisten großartige Integrationsarbeit. Die neue Rechtsregierung setzt eher auf Krawall und Willkür. (Hans Rauscher, 9.3.2018)