Wien – Bereits im Jahr 2016 war jener 23-jährige Afghane, dem die beiden Messer-Attacken vom Mittwochabend in Wien-Leopoldstadt mit vier Verletzten zur Last gelegt werden, wegen Drogenhandels verurteilt worden. Das hat die Polizei am Samstag bestätigt. Der Mann fasste damals drei Monate bedingte Haft aus.
Am Freitag hatte die Polizei bestätigt, dass der Verdächtige schon einmal in Haft war und bedingt entlassen worden ist. Demnach war er am 8. August des vergangenen Jahres unter dem Verdacht des Suchtgifthandels festgenommen worden und war von 30. August bis 8. Dezember in Haft. Seit damals habe er sich eigenen Angaben zufolge in "szenetypischen Gegenden" aufgehalten, sagte Polizeisprecher Harald Sörös.
Dem "Kurier" zufolge hatte der Afghane zweimal einen Antrag auf eine freiwillige Rückkehr in sein Heimatland gestellt, erstmals 2016. Das erste Zertifikat sei nicht abgeholt worden, der zweite Antrag sei erst am Montag gestellt worden.
Die Neuigkeiten sind insofern bemerkenswert, als sie von der Darstellung von Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl abweichen. Der Behördenleiter hatte am Donnerstag in der ZiB erklärt, dass der Afghane seit 2016 als "U-Boot" gelebt habe. Davor sei er polizeilich auffällig geworden und ins Drogenmilieu abgeglitten, sagte Pürstl weiter.
Einvernahmen abgeschlossen
Die Einvernahmen bezüglich der Messerattacken waren nach Angaben der Polizei am Freitag abgeschlossen. Es hätten sich keine neuen tatrelevanten Informationen ergeben, hieß es in einer Aussendung der Landespolizeidirektion. Das Motiv des Beschuldigten für die am Mittwochabend verübten Angriffe dürften die "grundsätzliche Unzufriedenheit mit seiner Lebenssituation sowie sein Drogenproblem" gewesen sein. Ein religiöser Hintergrund wird nach wie vor ausgeschlossen, diesbezügliche Aussagen seien von einem Zeugen relativiert worden. Im Verlauf des Wochenendes wird über die Verhängung der U-Haft entschieden.
Der 23-Jährige gestand am Donnerstag die beiden Messerattacken, bei denen insgesamt vier Menschen verletzt worden sind. In der Praterstraße hatte er eine Familie angegriffen, am Praterstern dann einen 20-jährigen Bekannten und Landsmann, den der 2015 als Flüchtling nach Österreich gekommene Asylwerber für seine Drogensucht verantwortlich gemacht hatte.
Die Polizei habe weder Einfluss auf eine Haftentlassung noch auf ein Asylverfahren, erklärte Sörös am Samstag nach Kritik an der Polizei, die offenbar nicht wusste, wo sich der Afghane aufhielt. Eine Haftentlassung ist Angelegenheit der Justiz, für Asylverfahren ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zuständig.
Opfer nicht mehr in Lebensgefahr
Der 67-Jährige, der sich nach dem Angriff am Nestroyplatz in Lebensgefahr befand, ist mittlerweile in stabilem Zustand. Die drei weiteren Opfer waren bereits am Donnerstag außer Lebensgefahr gewesen.
Die Anwältin Maria Windhager, die die betroffene Familie medienrechtlich vertritt, appellierte, bei der Berichterstattung über den Fall die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu wahren. Die Betroffenen sollen sich nun "in aller Ruhe ihrer Genesung widmen können", betonte Windhager gegenüber der APA. In einigen Medien seien bereits identifizierende Angaben gemacht worden – das gelte auch für nicht ausreichend verpixelte Fotos. "Das wäre ab sofort zu unterlassen. Bei Verletzungen der Persönlichkeitsrechte werden rechtliche Schritte ergriffen", sagte die Anwältin. (red, APA, 10.3.2018)