Foto: Matthias Cremer

Es muss eine spektakuläre Szene gewesen sein, einmalig in der jüngeren österreichischen Geschichte: Achtzig Beamte in voller Kampfmontur marschierten vergangene Woche im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und in Privatwohnungen von dessen Mitarbeitern ein, um Festplatten und Dokumente zu beschlagnahmen. Normal ist das nicht. Es gibt zwei mögliche Motive für die aggressive Inszenierung: Entweder erwarteten die Beamten, dass ihre Kollegen vom Verfassungsschutz gewaltsamen Widerstand gegen eine Hausdurchsuchung leisten; oder man wollte die BVT-Mitarbeiter einschüchtern und Macht demonstrieren. Beide Optionen sind furchterregend.

Dass der Einsatz nicht von den üblicherweise Zuständigen, wie etwa der Cobra, durchgeführt wurde, sondern von der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität, die einen freiheitlichen Leiter hat, macht die Optik noch schiefer. Dazu kommt, dass schnurstracks Festplatten und andere Datenträger der Leiterin des Extremismus-Referats beschlagnahmt wurden, obwohl gegen diese nicht ermittelt wird.

Als ob diese Vorgänge für sich genommen nicht schon besorgniserregend genug wären, meldete sich dann verspätet auch noch das Justizministerium zu Wort: Es sei über die Aktion nicht vorab informiert worden und prüfe nun deren "Verhältnismäßigkeit". Der Vorgang an sich ist zwar juristisch in Ordnung – die Korruptionsstaatsanwaltschaft muss sich nicht mit dem Justizministerium absprechen, ein Richter genehmigte die Durchsuchung -, ein "neuer Stil" und ein respektvolles Miteinander innerhalb der Regierung ist das jedoch nicht.

Beide Szenarien lassen Alarmglocken schrillen

So wurde einerseits das ÖVP-geführte Justizministerium düpiert, andererseits richten sich die Ermittlungen gegen Beamte, die im einst tiefschwarzen Innenressort Karriere gemacht haben. Bislang sind nur Fragmente der Vorwürfe bekannt, unter anderem soll es um Amtsmissbrauch gehen. Die kolportierten Verdachtsmomente rechtfertigen aber ein derartiges Vorgehen der Ermittler in keiner Weise. Auch hier müssen beide Szenarien die Alarmglocken schrillen lassen: Entweder gibt es tatsächlich massive Missstände im wichtigsten Sicherheitsorgan der Republik, oder die FPÖ bauscht halbgare Vorwürfe auf, um im polizeilichen Nachrichtendienst aufzuräumen und umzufärben.

Eine Staatskrise, wie die Opposition sie sieht, ist das noch nicht. Aber die Koalition könnte in eine solche schlittern. Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache spricht auf Facebook schon jetzt von einem "Staat im Staat" im BVT. Derartige Bilder eines "tiefen Staats", der gegen die Regierung arbeitet, beschworen in den vergangenen Monaten etwa US-Präsident Donald Trump und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Anzeichen dafür, dass Teile der FPÖ den eigenen Beamten nicht trauen, gab es ja schon vor dem BVT-Skandal. Man erinnere sich etwa an den Wanzenfund in Straches Büro, das vom militärischen Abwehrdienst statt des dafür vorgesehenen BVT überprüft worden war.

Da der Sicherheitsapparat überwiegend mit Personal besetzt ist, das der ÖVP nahesteht, könnten solche Aktionen noch für heftige Turbulenzen sorgen. Vorerst schaut Türkis dem Treiben zu. Dass die internen Intrigen und Umfärbungen der Sicherheit Österreichs dienlich sind, darf jedenfalls bezweifelt werden. (Fabian Schmid, 9.3.2018)