Paul Klee: "Artistenbildnis" (1927)

Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence.

Die Ausstellungsgestaltung, entwickelt von Oliver Kase und Nadine Engel zusammen mit der Szenografin Juliette Israël, ist den Bildern in Form und Farbe angepasst.

Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Foto: Haydar Koyupinar

Paul Klee, der Romantiker. Paul Klee, der radikale Spieler, als den ihn die Tate Modern 2013 präsentierte. Paul Klee und der Surrealismus. Paul Klee und die Kunst Japans. Paul Klee, der Abstrakte, als den ihn die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel jüngst ausrief. Paul Klee, der Freund Wassily Kandinskys. Ist nicht zu Paul Klee (1879-1940), dem Zeichner und Maler, dem Schweizer, Wahl-Münchner und Lehrer am Bauhaus nicht schon alles gesagt, geschrieben, gezeigt, als Postkarte gedruckt? Die Engel und die Aquarelle der Tunis-Reise, die bunten Häuser, die Pfeile und die Pyramiden, die auf wenige Striche reduzierten, fast schon jenseitig anmutenden Traumwesen der Spätphase, der Goldfisch auf schwarzem Grund und das pittoreske Abenteurerschiff?

Paul Klee: "Begrüssung", 1922
Foto: Allen Phillips / Wadsworth Atheneum

Der denkende Künstler

Oliver Kase und Nadine Engel von den Bayerischen Staatssammlungen fassen ihn nun in einer gewaltigen Einzelausstellung in der Münchner Pinakothek der Moderne überzeugend als furiosen "denkenden Künstler" zwischen konstruktivistischer Ratio und poetischer Mystik. Das Leitideenzentrum der zehn thematisch, in sich dann chronologisch geordneten Sektionen, deren Überschriften, von "Die Idee der Türme", "Mondaufgang", "Gespenst eines Genies" über "Schwebendes und Stufung" bis zu "Luft-Station" und "Drüber und empor", Klee'schen Bildtiteln entnommen sind, bilden Klees Jahre als Professor am Bauhaus, als "Bauhausmeister". An diesem Ausbildungshaus der Künste wurde eine Synthese von Kunst und Technik angestrebt, wurde mit neuen, jungen Technologien und der Verschmelzung der Genres experimentiert. Im letzten Drittel seiner zehn Jahre von 1921 bis 1931 galt Klee dort als über allem Streit schwebender Weltweiser.

145 Werke sind in München zu sehen. Davon stammen 16 aus dem eigenen Bestand. Die 129 mit drei, vier Ausnahmen äußerst hochklassigen Leihgaben kommen aus drei Kontinenten, eine Handvoll ist zum ersten Mal seit mehr als 80 Jahren in Deutschland, ja in Europa wieder zu sehen. In der 2002 eröffneten Pinakothek der Moderne sind die Ausstellungssäle bekanntlich heikel, sie sind, wenn es sich nicht gerade um ein Riesentriptychon von Max Beckmann handelt, im Grunde an der Kunst vorbei geplant. Sechs Meter hoch sind die Wände. So manche Ausstellung biss sich hier buchstäblich am hellen Beton die Zähne aus. Wie also Arbeiten auf Papier zeigen, die klein, ja winzig sind, gerade einmal 14 auf 12 Zentimeter messen?

Paul Klee: "Schwebendes" (1930)
Foto: Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Rotglühendes Bild auf tiefschwarzem Rechteck

Indem man den Raum dynamisiert. Zusammen mit der Szenografin Juliette Israël entwickelten Kase und Engel ein stupendes Konzept, indem sie hier farbige Rhomben, Linien und geometrische Muster auf die Wände aufgebracht haben, die Bezug nehmen auf die Arbeiten, wenn sie diesen nicht gleich direkt entlehnt sind. Dort haben sie rotglühende Bilder auf ein tiefschwarzes Farbrechteck gehängt. Sie haben die Durchgänge verengt und als Ruhebänke große weiße Dreiecke bauen lassen und schwarze Wandpodeste. Und so einen sehr abwechslungsreichen Parcours geschaffen. Israël ersann 2016 das Konzept für die Schau der Karikaturen Paul Floras in Innsbruck, aktuell hat sie im dortigen Landesmuseum das Ausstellungsdesign für die Lucas Cranach d. Ä.-Schau erarbeitet. Was nun in München zu sehen ist, dürfte obligatorisch für angehende Ausstellungsmacher sein.

Es ist ja das wahrhaft Erstaunliche an Klees zartgliedriger Kunst, dass sie kaum ermüdet. Auch hier nicht trotz der Fülle. Immer wieder überraschen die Blätter. Er variierte sie nicht nur über Jahrzehnte hinweg, wie in klugen Zusammenstellungen zu sehen ist, sondern trieb sie in neue Richtungen. Auch indem er mit diversen ungewöhnlichen Materialien experimentierte. Seine Arbeiten entfalten eine ungewöhnlich starke Suggestion, die noch ungewöhnlicher anmutet, weil die Werke selber so klein sind, so helvetisch schein-bescheiden und dabei zauberische Welten schaffend groß. (Alexander Kluy, 13.3.2018)