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Gespannt wird auf das erste Gipfeltreffen eines US-Präsidenten mit einem Staatschef Nordkoreas gewartet. Auch in Tokio, wo man die Geschehnisse im Westen der Inselgruppe besonders genau verfolgt.

Foto: AP Photo/Koji Sasahara

Die Bereitschaft von US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un zu einem Gipfeltreffen hat Ende der Woche viele Beobachter überrascht. Der Nordkorea-Experte Rüdiger Frank von der Universität Wien, dessen neues Buch "Unterwegs in Nordkorea – Eine Gratwanderung" unlängst erschienen ist, hat dem STANDARD einige Fragen dazu beantwortet.

STANDARD: Wie ernst nehmen Sie die Verhandlungsbereitschaft Nordkoreas?

Frank: An der Ernsthaftigkeit Nordkoreas hat sich in den letzten Jahren nichts verändert, das kann man positiv oder negativ interpretieren. Pjöngjang will die diplomatische Normalisierung mit den USA, ein Friedensabkommen zur Beendigung des Koreakrieges, glaubhafte Sicherheitsgarantien, die Aufhebung der Sanktionen, alle Arten von Wirtschaftshilfen, den Zugang zu den globalen Finanz- und Gütermärkten. Die Frage ist, ob Kim Jong-un bereit ist, auf die andere Seite zuzugehen, die ja auch so ihre Wünsche hat. Hier bin ich eher pessimistisch.

STANDARD: Weshalb?

Frank: Nordkorea hat seine Atomwaffen über Jahre hinweg mit großem materiellem, politischem und propagandistischem Aufwand entwickelt. Sie sind vermutlich auch der Grund, warum das Land jetzt von US-Präsident Donald Trump überhaupt ernst genommen wird.

STANDARD: Warum gerade jetzt dieses Tauwetter, liegt das tatsächlich an den Olympischen Spielen?

Frank: Die Olympischen Spiele haben geholfen, da Südkorea im Interesse friedlicher Spiele besonders verhandlungsbereit war und gleichzeitig ein Zugehen Seouls auf Nordkorea in Washington wegen der Spiele auch eher akzeptiert wurde. Im Kern geht es aber darum, dass Kim Jong-un 2017 sein Atomwaffenprogramm auf ein Niveau gehoben hat, das ihm jetzt die Freiheit gibt, sich vorrangig der Wirtschaft zuzuwenden – und dafür braucht er internationale Kooperation. Diese wiederum setzt erfolgreiche politische Verhandlungen voraus.

STANDARD: Ist das Regime jetzt an seinem Ziel angelangt, "auf Augenhöhe" mit den USA zu verhandeln?

Frank: Genau darum geht es; Nordkorea scheint das zumindest fest zu glauben. Erstaunlich ist, dass die USA neuerdings dabei mitspielen, im Gegensatz zu allem, was in den Jahren zuvor aus Washington zu hören war. Das ist ganz klar der so genannte Trump-Faktor.

STANDARD: Manche in den USA und Südkorea fürchten dass das Regime die Wochen bis zum Treffen nutzt, um seine Raketen/Sprengkopf-Technologie soweit auszureifen, um ein "Gleichgewicht des Schreckens" herzustellen. Halten Sie das für realistisch?

Frank: Dass die Nordkoreaner kontinuierlich an der Verbesserung ihrer Waffen arbeiten, ist offensichtlich. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass es bis zu den zwei Gipfeltreffen mit den Staatschefs Südkoreas und der USA weitere Tests geben wird.

STANDARD: Oft wird davon gesprochen, dass Trump und Kim ähnliche Typen seien, die sich die Sache nun "unter Männern" ausmachen. Was halten Sie von dieser These?

Frank: Eine solche These setzt die genaue Kenntnis beider Männer voraus. Ich behaupte, dass jene, die sie aufgestellt haben, keinen von beiden kennen. Dementsprechend halte ich auch nicht viel davon, das ist reine Effekthascherei. (Florian Niederndorfer, 11.3.2018)