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Laut "Financial Times" kann nur die Hälfte des Rückgangs beim effektiven Steuersatz durch staatliche Steuersenkungen erklärt werden. Der Rest beruht demnach auf geschickt eingefädelten Steuerkonstrukten.

Foto: Reuters/DARRIN ZAMMIT

Wien – Was von Globalisierungsgegnern und der "linken Flanke" schon lange behauptet wird, bestätigt jetzt das Haus- und Hofblatt der Bankerbranche: Laut einer Untersuchung der "Financial Times" zahlen große multinationale Konzerne deutlich weniger Steuern als noch vor dem Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008. Ein Jahrzehnt voller staatlicher Bemühungen, Defiziten entgegenzuwirken und Steuerregelungen zu reformieren, habe die Unternehmenswelt wenig beeindruckt.

Der effektive Steuersatz (das Verhältnis aus tatsächlicher Steuerlast und dem Unternehmensertrag vor Steuern, Anm.) ist seit 2008 um neun Prozent gefallen. Diese Entwicklung trotze allen politischen Bemühungen, gegen Steuervermeidung vorzugehen. Es könne nur die Hälfte des Rückgangs durch staatliche Steuersenkungen erklärt werden, der Rest basiere demnach auf geschickt eingefädelten Steuerkonstrukten. Ein Blick zurück zur Jahrtausendwende veranschaulicht die Entwicklung noch deutlicher. Der in den entsprechenden Bilanzen ausgewiesene Effektivsteuersatz fiel seit dem Jahr 2000 um fast ein Drittel, von 34 auf 24 Prozent.

Während die Körperschaftsteuer sinkt, steigt die Einkommensteuer.
Foto: Der Standard

Daten der Wirtschaftsprüfungskanzlei KPMG zufolge haben Staaten den Körperschaftsteuerspitzensatz seit 2008 um fünf Prozent gesenkt, die Einkommenssteuer dafür um sechs Prozent angehoben. "Das ist der Konkurrenzkampf unter den Staaten", sagt Michael Devereux,

Professor für Unternehmenssteuern an der Universität von Oxford gegenüber der "Financial Times". "Ich sehe kein Ende dieses Trends." Er meint, die kürzliche Steuerreform in den USA könnte diesen Wettbewerb noch verstärkt haben. Andere Branchenkenner sehen in Steuerschlupflöchern wie Patentboxen ein Problem.

Steuergesetze anpassen

Seit einem Jahrzehnt werde laut Devereux versucht, die Industriestaatenorganisation OECD und die G20-Staaten zu ermutigen, für Anpassungen bei nationalen Steuergesetze zu sorgen, um Konzernen die "Erleichterung" schwerer zu machen. Das bringe allerdings überraschend wenig.

Der EU-Kommissar Pierre Moscovici meint: "Eine internationale Steuerreform wäre notwendig, doch nicht der Spitzensteuersatz bewegt Firmen zur Steuervermeidung, sondern die Möglichkeiten Gewinne zu verschieben."

Brisante Daten aus den Paradise oder Panama Papers haben das sogenannte "profit shifting" vermehrt in den Mittelpunkt gerückt. Prominente Namen wie Apple, Google und Amazon tauchen darin bekanntlicherweise immer wieder auf. Und ebendiese Tech-Konzerne tendieren dazu, auf auswärtige Profite weit weniger Steuern zu zahlen, als sie eigentlich an Gewinn einbringen.

2,6 Billionen Offshore-Dollar

Dem Institute on Taxation and Economic Policy zufolge hatten US-amerikanische Konzerne Ende des Vorjahres 2,6 Billionen unversteuerte Dollar auf Offshore-Konten zwischengelagert.

Die "Financial Times" hat sich auf die zehn größten börsennotierten Unternehmen aus neun standardisierten Sektoren konzentriert: Konsumgüter, Dienstleistungen, Energie, Finanzen, Informationstechnologie, Gesundheit, Industrie, Telekommunikation. Auf Basis der Jahresabschlüsse der vergangenen 25 Jahre haben die Analysten die abgeführten Steuergelder ausgerechnet. Auch die zehn Unternehmen mit den größten Offshore-Vermögen wurden miteinbezogen. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Firmen, gemessen am Gewinn, dem öffentlichen Finanzsektor – unabhängig der steuerlichen Bemessungsgrundlage – immer weniger Geld beisteuern. (Andreas Danzer, 13.3.2018)