Viele Österreicher wollen nicht nur beim Tanz geführt werden, sondern auch im Lebensalltag.

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Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger bezeichnet das Ergebnis der Umfrage als "höchst gefährlich". Jeder Vierte in Österreich will demnach einen "starken Führer".

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Wien – Der Aussage "Man sollte einen starken Führer haben, der sich nicht um ein Parlament und Wahlen kümmern muss" stimmen 26 Prozent der Österreicher zu. Das ergab die repräsentative Umfrage "Freiwilligenarbeit und Demokratie" mit über 1.000 Interviews für das Sozialbarometer der Volkshilfe in Zusammenarbeit mit dem Sora-Institut (Schwankungsbreite 3,1 Prozent). Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger nennt die Ergebnisse "höchst gefährlich".

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Einen "starken Führer" wünschen sich acht Prozent der Befragten "sehr" und 18 Prozent "ziemlich". Die Zustimmung unter Befragte mit einem Pflichtschulabschluss ist höher als bei Befragten mit Matura und Universitätsabschluss. Immerhin 43 Prozent gaben an, "gar nicht" zuzustimmen. Mit Verweis auf das Gedenkjahr zum "Anschluss" Österreichs an Deutschland vor 80 Jahren fordert Fenninger Politik und Zivilgesellschaft auf zu reagieren: "Es ist eine aktive Zivilgesellschaft, die den sozialen Zusammenhalt fördert."

"Hände weg" vom Demonstrationsrecht

Ebenfalls abgefragt wurde die Einstellung der Österreicher zum Demonstrationsrecht: Einschränkungen halten dabei 70 Prozent der Befragten für einen "Angriff auf die Demokratie". Acht von zehn sehen Proteste als wichtigen Bestandteil eines funktionierenden Rechtsstaats. "Wir sagen: Hände weg! Das Versammlungsrecht darf nicht eingeschränkt werden", sagt Fenninger.

Der Volkshilfe-Geschäftsführer erinnert auch an zwei Sora-Wahltagsbefragungen. Der Aussage "Demokratie mag Probleme mit sich bringen, aber sie ist besser als jede andere Regierungsform" stimmten bei der Nationalratswahl 2013 noch acht von zehn Befragten "sehr" zu. Im Jahr 2017 waren es nur noch sieben von zehn, was eine negative Entwicklung darstelle.

Ein Mittel zur Stärkung des Demokratiebewusstseins ist für Fenninger die Freiwilligenarbeit – dem stimmen auch 72 Prozent in der Umfrage zu. 30 Prozent der Befragten gaben an, sich selbst in einer Initiative oder einem Verein zu engagieren. Maßnahmen sollen aber auch in der Bildungspolitik gesetzt werden: "Unsere Kinder und Jugendlichen müssen sich mit Demokratie auseinandersetzen", fordert Fenninger.

Kritik an Plänen zur Mindestsicherung

Fenninger kritisiert beim Thema Mindestsicherung "Maßnahmen, die gegen Menschen gerichtet sind, denen es ohnehin schon schlecht geht". Die bedarfsorientierte Mindestsicherung sei nicht als "Armenkonzept" verabschiedet worden, sondern sichere die gesellschaftliche Teilhabe. Besonders finanziell Benachteiligte und Armutsbetroffene würden seltener zu Wahlen gehen und sich von der Demokratie nicht angesprochen fühlen.

Die von der Regierung geplante Stärkung der direkten Demokratie sieht Fenninger differenziert: Es komme nicht nur auf die Wahlentscheidung an, sondern auch auf die Behandlung des Themas im Vorfeld. (Verena Richter, APA, 13.3.2018)