Eine kleine Popsensation: das Debüt der Band Naked Cameo.

Gabriel Hyden

Es wird einfach nicht schlechter. Selbst nach zwei Wochen im Dauereinsatz nicht. Oft ist es ja so, dass sich die erste Euphorie als Blendwerk erweist, das schnell wieder verpufft. Nicht im Falle von Naked Cameo. Die österreichische Band hat gerade ihr Debütalbum veröffentlicht. Es heißt "Of Two Minds" und ist hartnäckig gut.

Vordergründig ist der Vierer eine Synthiepop-Band mit Wurzeln in Oberösterreich. Stellenweise mag ihre Musik ein wenig an jene von OMD erinnern, The xx können einem in den Sinn kommen, doch da stellt sich schon das nächste Qualitätsmerkmal ein: Es fallen nicht gleich zwei Dutzend Referenzen vom Baum der vergleichenden Musikwissenschaft.

Nicht zu dramatisch

Dennoch gilt es zu unterscheiden, denn unter Synthiepop ist längst zu viel abgespeichert, um noch als klare Zuschreibung durchzugehen. Naked Cameo pflegen nicht den kühl-distanzierten Habitus des Fachs, sondern verleihen ihrer Musik eine melancholische Breitseite. Aber es ist eine Gefühligkeit, die nicht ins Dramatische übertrieben wird.

Naked Cameo

Zwar zeigt der Gesang von Lukas Maletzky eine Anfälligkeit dafür, gleichzeitig hält die Ökonomie der Musik dagegen, schmollt ein wenig und ist viel zu sehr mit der Hervorbringung einnehmender Melodien beschäftigt, um ihre Kraft für hohle Gesten zu vergeuden. Das liegt zu einem großen Teil in der Verantwortung von Maria Solberger.

Jedem Knopf gewidmet

Sie hat sich, wie sie im Gespräch erzählt, jedem einzelnen Knopf ihres Synthesizers mit viel Geduld gewidmet und erforscht, was der kann und wie es klingt, wenn sie das oder jenes mit ihm tut. Das hat sich ausgezahlt: "Of Two Minds" ist ein stringentes Popalbum geworden. Ein Werk aus einem Guss, dabei reichhaltig und vielfältig.

Maletzky wiederum hat Englisch studiert, was seinem Vortrag natürlich nicht schadet. Sein öfter ins Falsett fliehender Gesang vermittelt eine Souveränität, die in dem Genre sonst oft mit dem törichten Einsatz des Autotune-Effekt zerstört wird. Nicht hier.

Naked Cameo

Während Maletzky seine Seufzer nach oben zieht, klöppelt und schnauft es aus dem Synthie. Solberger bestreuselt die Songs mit Melodien. Zwar hat die Band Ursprünge im Rock, die sind der Musik von Naked Cameo aber nicht mehr anzuhören. Zum Studium von Pop hört Maletzky heute lieber einschlägige Hochglanzprodukte und neumodernen R 'n' B.

Doch zu viel Information will man gar nicht. "Of Two Worlds" ist zu wunderbar, um es sich von Fakten verbauen zu lassen. Songs wie "Pocket Dial" oder "Phony" sind dermaßen lässig, dass es einem egal ist, wie es dazu kam.

Naked Cameo

Okay, das noch: Produziert wurde "Of Two Minds" von Marco Kleebauer von der befreundeten Band Léyya. Der hat sicher einen guten Job gemacht, doch der Lorbeer gehört der Band. Ein Debüt dieser Klasse – ohne einen Hänger –, das hört man nicht nur hierzulande selten.

Wollte man mit unnötigem Aufwand dennoch ein Haar aus der Suppe fischen, bietet sich nur ein sehr lächerliches an: Das Album ist nicht auf Vinyl erhältlich. Zumindest noch nicht. (Karl Fluch, 13.3.2018)